Post, Geschichte und Kultur Nepals

Post, Geschichte und Kultur Nepals

Vor gut 50 Jahren lockte der Ruf der Ferne Johannes Bornmann erstmals nach Nepal. Das Land schlug ihn derart in Bann, dass 25 weitere mehrwöchige Reisen folgten. Mit jeder vertiefte er sich stärker in die Kultur und Geschichte dieses faszinierenden Himalaya-Staates.
Als Durchgangsland der Handelsrouten zwischen Indien und Tibet hat Nepal seit jeher kulturelle Einflüsse beider Nachbarn aufgenommen und sie sich mit Respekt und Toleranz zu eigen gemacht. Das friedliche Neben- und Miteinander der Kulturen – noch heute werden z. B. viele Tempel gleichermaßen von Hindus und Buddhisten besucht – ist eine prägende Eigenheit des nepalesischen Alltags und führte zu einer positiven, aufbauenden Lebenseinstellung der Bewohner.
Bornmann möchte seinen Lesern das von ihm liebgewonnene Land in all seinen Facetten näherbringen: die überwältigende Bergwelt, welche er in atemberaubenden Fotos vorstellt; die ungeschmälerte Bedeutung der farbenprächtigen Feste, die auch heute noch ihren festen Platz im Alltag bewahrt und nichts von ihrer Ursprünglichkeit verloren haben; die vielfältigen Kulturdenkmäler mit ihrer Verwurzelung in Legenden der Vorzeit; die unzähligen Tempel, Klöster und Wallfahrtsorte, die weit in die Vergangenheit verweisen; die Geschichte, die uralten Sagen und Mythen entsteigt.

Britische Residenz in Kathmandu

Auf seinen Expeditionen machte der Philatelist zudem eine für ihn überraschende und spannende Entdeckung: Die Postgeschichte Nepals ist eng mit der allgemeinen Geschichte und Kultur des Landes verbunden, hat sie sogar maßgeblich mitgeprägt.
Aus diesem Grund stellt er sie in seinem voluminösen Prachtband auch nicht gesondert dar, sondern bettet sie ein in eine Gesamtdarstellung, gemäß seiner Überzeugung: „Je besser man die Geschichte und Kultur eines Landes versteht, desto besser versteht man ja auch die Entwicklung von dessen Postgeschichte.“
Eine Schlüsselrolle in diesem Zusammenhang nimmt die Britische Residenz in Kathmandu ein. Dazu ein kurzer Rückblick: Die ersten von Postläufern zu Fuß oder zu Pferd genutzten Postwege in dem aus vielen unterworfenen Kleinstaaten hervorgegangen Königreich Nepal entstanden Ende des 18. Jahrhunderts unter König Rana Bahadur Shah. Bald dienten sie auch für den Transport von Kriegsmaterial für den sich andeutenden Krieg mit der benachbarten East India Company um die Vorherrschaft in dem indischen Subkontinent.

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Am Ende des Britisch-Nepalesischen Krieges von 1814 bis 1816 musste Nepal in einem noch auf dem Schlachtfeld unterzeichneten Friedensvertrag nicht nur seine Niederlage eingestehen, sondern als schlimme Schmach auch der Einrichtung einer umgehend eröffneten britischen Residenz in seiner Hauptstadt zustimmen. Damit blieb Nepal das Los als britische Kolonie erspart. Der Residenz angegliedert war ein Postamt mit ausschließlicher Zuständigkeit für britische Belange; der Allgemeinheit war der Zugang verwehrt. Nepal selbst hatte keinerlei Postabkommen mit anderen Staaten und war somit vom internationalen Postverkehr abgeschnitten.

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Auf eine Periode von innenpolitischem Chaos folgte 1846 nach einem blutigen Staatsstreich mit Maharaja Jung Bahadur Rana die mehr als 100 Jahre währende Diktatur der Ranas. Fortschritt und volle politische Unabhängigkeit für sein Land im Blick suchte Jung die Kooperation mit den Briten, die er sogar militärisch mit seinen Gurkha-Soldaten unterstützte. Nach britischem Vorbild baute er Postwege aus, richtete Postämter ein und öffnete 1879 die Post für die Allgemeinheit. 1881 gab es die ersten nur im Inland gültigen nepalesischen Briefmarken; für die Verbindung ins Ausland diente allein das britische Postamt als „Tor zur Welt“.
Das stetig verbesserte Verhältnis zu Großbritannien – im Ersten Weltkrieg kämpften 55000 Gurkhas in der indischen Armee – führte 1919 zur Öffnung des Postamts der Britischen Residenz für die Bevölkerung Nepals und zur Einrichtung des ersten Exchange Post Office in Kathmandu. Ab 1937 waren die Marken des Landes für Post nach Indien zugelassen, ansonsten aber immer noch nur im Inland gültig – erst 1956 trat Nepal dem Weltpostverein bei.
Durch den nunmehr möglichen Postaustausch mit der Welt und zunehmenden britischen Einfluss weitete sich der Blick der Bevölkerung. Es kam zu wissenschaftlichem und geistigem Aufschwung, was schließlich auch vermehrte Kritik am Rana-Regime mit sich brachte. Am Ende stand 1951 dessen Sturz, dies auch begünstigt durch die Unabhängigkeit Indiens und den damit verbundenen Abzug der Briten.

„Besonders wertvoll“

Bornmann wollte kein rein philatelistisches Werk vorlegen, er schrieb gewissermaßen eine social philatelic history. Nach dem Urteil von Dr. Karl-Heinz Krämer vom Südasien-Institut der Universität Heidelberg bietet sein Band „einen unerschöpflichen Fundus zur Geschichte und Kultur Nepals. Eine derartige Fülle an gut recherchierten Informationen dürfte zumindest in deutscher Sprache kaum zu übertreffen sein.“ Unbedingt hervorzuheben sind neben dem beeindruckenden Inhalt und der opulenten Bilderfülle der vorzügliche Standard von Einband, Papier und Bildqualität. Uneingeschränkt: Prädikat „Besonders wertvoll“!

Nepal, Geschichte und Kultur. Johannes Bornmann. Schönaich: Musikverlag Bornmann, 2022. 528 S., 29,8 x 22,5 cm, 610 farbige Abb. historischer Fotografien und Dokumente, Festeinband, Schutzumschlag. Preis: 66 Euro inkl. Versand. Erhältlich bei: J. Bornmann, Hermann-Werner-Str. 1, 71101 Schönaich, info@musikverlag-bornmann.de

Rainer von Scharpen

Authored by: redaktiondbz

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