Als in Hamburg R-Zettel fehlten

Als in Hamburg R-Zettel fehlten

Unermüdlich wie eine Ameise scheint Harald Krieg zu arbeiten: Dies ist bereits die 15. Studie, die er in der Schriftenreihe zur Postgeschichte bis zur Gegenwartsphilatelie seit 2014 veröffentlicht hat, die vierte im laufenden Jahr − und das im Alter von knapp 90 Jahren!
Diesmal gilt seine Aufmerksamkeit einem Randgebiet, das bisher wenig Beachtung und noch nie eine systematische Bearbeitung erfahren hat: den in der unmittelbaren Nachkriegszeit in Hamburg verwendeten Not-R-Zetteln.
Zum besseren Verständnis muss man sich vergegenwärtigen, dass der in jener Zeit überall herrschende Mangel auch vor der Post nicht Halt machte. Das betraf unter anderem Einschreib-Zettel, als R-Sendungen wieder zugelassen wurden. Bestellungen bei der Reichspost-Druckerei in Berlin waren ja nicht mehr möglich, und so griff man auf altes, bei der Reichspostdirektion Hamburg noch vorhandenes Vorkriegsmaterial zurück, das aufgebraucht wurde, solange der Vorrat reichte.


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In Frage kamen sogenannte Nummernzettel (früher Aufgabezettel genannt) ohne Amtsbezeichnung, bei denen links das rote fette R bereits eingedruckt war. Selbst entsprechende Exemplare der Feldpost wurden herangezogen. Auf den Postämtern und Poststellen erhielten sie dann einen gewöhnlichen Formblatt-Stempel. Größere Ämter mit mehreren Schaltern verwendeten nicht selten parallel unterschiedliche Formstempel. Auch R-Zettel mit handschriftlicher Poststellen-Notiz bzw. -Korrektur sind anzutreffen.
In einigen Fällen wurden an private Druckereien Aufträge zur Herstellung meist ungezähnter, seltener auch vierseitig gezähnter R-Zettel-Bogen vergeben. Mit den ungezähnten Bogen ging man nicht immer allzu sorgfältig um: Den mit der Schere ausgeschnittenen Zetteln sieht man das hastige Abtrennen an, und so manches Mal wurden sie sogar einfach per Hand abgerissen.
Krieg stellt alle von ihm registrierten R-Zettel in alphanumerischer Reihenfolge der Postämter vor, von Altona bis Wilhelmsburg und anschließend Hamburg 2 bis Hamburg 50. So kann er immerhin 66 Postämter belegen – den frühesten Einsatz am 30. Juli 1945 im Postamt Hamburg-Großflottbek 2 – wobei er die Möglichkeit einräumt, „dass es noch mehr Ämter gibt, die Provisorien verwendet haben und mir bisher nicht bekannt sind“. Wo immer möglich, wird zusätzlich zum R-Zettel auch ein entsprechender Beleg abgebildet. Von einigen wenigen Sammlerexemplaren abgesehen handelt es sich bei den allermeisten Belegen um Geschäftskorrespondenz.

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Spannende Notbehelfe

Den Autor hat es selbst überrascht, wie lange Notbehelfe Verwendung fanden, „da sich die allgemeinen Verhältnisse nach der Währungsreform auch bei der Post deutlich verbessert haben“. Tatsächlich verwundert die relativ hohe Anzahl von Notzettel-Sendungen aus dem Jahr 1949, und selbst für 1950 können noch vier solche Belege vorgestellt werden, von denen der älteste einen Tagesstempel vom 29. März 1950 trägt!
Getoppt wird diese Aufstellung von einem losen provisorischen R-Zettel-„Methusalem“, der nochmals zwei Jahre älter ist. Er lässt sich anhand des AKZ (Amtskennzeichens) datieren: Diese wurden erst nach dem 30. September 1952 eingeführt.
Das Heft zeigt einmal mehr, welch vielseitigen Forschungsmöglichkeiten in Heimatsammlungen stecken und wie viele unscheinbare Seltenheiten darin verborgen sind. Mehr als einmal stößt der Leser auf die Notiz: „Kein Beleg verfügbar“. Es gibt also noch etwas zu finden für „philatelistische Spürhunde“!

Not-R-Zettel, die bei Hamburger Postämtern verwendet wurden. 1945–1951 (Studiengruppe Postgeschichte – Moderne Philatelie, Heft Nr. 30). Harald Krieg. Harburg: Eigenverlag, 2022. Format DIN A4, 110 Seiten, Abb. farbig, Softcover, Leinenbindung. Preis: 20 Euro inkl. Versand. Bezug: Harald Krieg,
E-Mail: h.k.Hamburg@gmx.de. Vorauszahlung auf Konto DE11 2001 0020 0371 5202 05 unter Angabe der Heftnummer und Versandanschrift.

Rainer von Scharpen


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