Rudi Assauer – Ein Kind der Bundesliga

Rudi Assauer – Ein Kind der Bundesliga

Europapokal-Gewinner, GeschÀftsmann, Manager, Zigarrenraucher, Werbe-Ikone und Schalker Legende

Vor dem KĂŒhlschrank steht ein Mann und nimmt eine Bierflasche zur Hand. Derweil rĂ€kelt sich im Schlafzimmer erwartungsvoll seine leichtbekleidete Partnerin im NegligĂ© und versprĂŒht Parfum mit einem ZerstĂ€uber. Vom Kerzen umsĂ€umten Doppelbett und raunt sie ihm zu: „Ich hab‘ ne Überraschung fĂŒr Dich.“ Er setzt genussvoll eine Biertulpe an die Lippen und nimmt ein kĂŒhles Bier zu sich. Dann wendet er sich zur geöffneten TĂŒr und erwidert: „Hab ich schon gefunden.“ Kurz darauf spricht eine Stimme aus dem Off von „Liebe auf den ersten Griff“ und preist eine Biermarke an.

Die Szene stammt aus einer Bierwerbung eines der Hauptsponsoren des FC Schalke 04. Die Darsteller Rudi Assauer und Simone Thomalla erhielten fĂŒr diesen unterhaltsamen Spot den Fernsehpreis Goldene Kamera in der Kategorie „Bester Werbespot mit Prominenten“. Dies war nur eine der vielen Stationen im abwechslungsreichen Leben des Rudi Assauer. AnlĂ€sslich seines 70. Geburtstags attestierte ihm der damalige DFB-PrĂ€sident Wolfgang Niersbach, er habe „tiefe Spuren hinterlassen in der Welt des Fußballs“.

Kampfbahn Katzenbusch

Rudi Assauer wuchs in Herten im Ruhrgebiet auf. Als SchĂŒler kickte er ab seinem achten Lebensjahr fĂŒr die Spielvereinigung (SpVgg) Herten. Zwölf Jahre blieb er dem Club treu und lief in der traditionsreichen heimischen Kampfbahn Katzenbusch auf. Nach der Schule absolvierte Assauer eine Ausbildung zum Stahlbauschlosser und arbeitet ein halbes Jahr auf der Steinkohlen-Zeche Ewald in Herten. In der Saison 1963/64 bestritt der Abwehrspieler 35 Spiele und erzielte sieben Tore fĂŒr die 1. Herren der SpVgg in der Regionalliga West, damals hinter der Bundesliga die zweithöchste Spielklasse.

14 erfolgreiche Regionalligaspieler aus dem Westen bekamen 1964 BundesligavertrĂ€ge fĂŒr die folgende Saison, unter ihnen Rudi Assauer, Horst-Dieter Höttges und JĂŒrgen Bandura. Borussia Dortmund sicherte sich die Dienste des Abwehrmalochers. In sechs Spielzeiten und 119 Bundesligapartien verstĂ€rkte Assauer die Dortmunder Hintermannschaft und erzielte dabei noch 8 Treffer. Bereits in seiner ersten Saison wurde er DFB-Pokalsieger mit den Borussen.

2:1 im Hampden Park

Im Mai 1966 gehörte Rudi Assauer zu den elf Dortmunder Helden, die im Glasgower Hampden Park in der VerlĂ€ngerung den hochfavorisierten FC Liverpool mit 2:1 besiegten. Die elf Dortmunder gaben alles, verausgabten sich in ZweikĂ€mpfen, lieferten ein außergewöhnliches Laufpensum und standen unter einer extremen physischen und psychischen Dauerbelastung, denn damals durfte nicht gewechselt werden. Der Lohn war der erste europĂ€ischen Titel einer deutschen Vereinsmannschaft: der Europapokal der Pokalsieger. Neben Assauer gehörten auch Hans Tilkowski, Wolfgang Paul, Hoppy Kurrat, Stan Libuda, Siggi Held und Lothar Emmerich zu den glĂŒcklichen Pokalgewinnern, die zuvor bereits den FC Floriana aus Malta, den bulgarischen ZSKA Sofia, den spanischen Hauptstadtclub Atletico Madrid und West Ham United aus dem Nordosten Londons aus dem Rennen geworfen hatten.

Reich wurden die Spieler nicht, die PrĂ€mie betrug 6000 oder 8000 Mark erinnert sich Wolfgang Paul spĂ€ter. Auch gab es nach Spielende keine große Feier. Beim Bankett wurden nur einige HĂ€ppchen gereicht. Im Mannschaftshotel gab es ein StĂŒck Bockwurst und ein Glas Milch blickt Hoppy Kurrat zurĂŒck. Auf der RĂŒckreise steigerte sich dann die Begeisterung. Bereits am Kölner Flughafen warteten zahlreiche AnhĂ€nger und in Dortmund bereiteten 300.000 Fans ihrer Mannschaft einen unvergesslichen Empfang.

Pfostenbruch in BodennÀhe

In der Bundesligasaison 1970/71 wechselte Assauer fĂŒr sieben Jahre zu SV Werder Bremen. FĂŒr die Hanseaten stand er in 188 Bundesligaspielen auf dem Platz. Unter anderem am 3. April 1971, als beim Spiel zwischen Borussia Mönchengladbach und den Bremern im Stadion am Bökelberg kurz vor Schluss ein Holzpfosten des Bremer Tores in BodennĂ€he abbrach. Nach Beendigung seiner aktiven Laufbahn wechselte Rudi Assauer, der in seiner Dortmunder Zeit eine zweite Ausbildung als Bankkaufmann abgeschlossen hatte, fĂŒr fĂŒnf Jahre ins Management des Klubs an der Weser.

Trotz seiner Erfolge in Dortmund und Bremen verbinden Fußballfans Assauer vor allem mit dem FC Schalke 04. Zweimal kĂŒmmerte sich Assauer als Manager um die Finanzen des Revierclubs. Erstmals von Mai 1981 bis Dezember 1986 und in seiner zweiten Amtszeit bei einer schwierigen ökonomischen Ausgangssituation von April 1993 bis Mai 2006. In mĂŒhevoller Kleinarbeit gelang es Assauer und seinen Vorstandskollegen das Vertrauen der GlĂ€ubiger und Sponsoren zurĂŒckzugewinnen und eine Grundlage fĂŒr spĂ€tere Erfolge zu schaffen.

Bei den Schalke-Fans wird Rudi Assauer ewig unvergessen bleiben. Mit dem bekannten Che Guevara Wahlspruch „Immer bis zum Sieg!“ zeigen sie ihren zupackenden Macher, der bei einem Zigarrenzug bereits den nĂ€chsten taktischen Schalke-Schachzug eruiert. Das Fanzine erscheint seit 25 Jahren. Die aktuelle Ausgabe wird nach dem Revier-Derby, zum Heimspiel gegen den FC Augsburg, am Sonntag, den 5. Mai erhĂ€ltlich sein
Bei den Schalke-Fans wird Rudi Assauer ewig unvergessen bleiben. Mit dem bekannten Che Guevara Wahlspruch „Immer bis zum Sieg!“ zeigen sie ihren zupackenden Macher, der bei einem Zigarrenzug bereits den nĂ€chsten taktischen Schalke-Schachzug eruiert. Das Fanzine erscheint seit 25 Jahren. Die aktuelle Ausgabe beinhaltet einen Assauer-Schwerpunkt und wird zum Heimspiel gegen den FC Augsburg, am Sonntag, den 5. Mai erhĂ€ltlich sein.

Nerven beim Elfmeterschießen

WĂ€hrend Assauers zweiter Dienstzeit stellten sich nach und nach fĂŒr den FC Schalke 04 auch wieder sportliche Erfolge ein. Im Mai 1997 hatten die Königsblauen die stĂ€rkeren Nerven, bezwangen beim RĂŒckspiel Inter Mailand im Elfmeterschießen und sicherten sich den UEFA-Pokal. Zweimal, 2001 und 2002, reichte ein langer Schalker-Atem um sich im KO-System durchzusetzen und sich den DFB-Pokal zu erstreiten.

Rudi Assauer mit dem UEFA-Pokal von 1997. Foto: FC Schalke 04?
Rudi Assauer mit dem UEFA-Pokal von 1997. Foto: FC Schalke 04

Assauer setzte sich sehr fĂŒr den Bau des neuen Multifunktionsstadions Arena AufSchalke ein, das 2001 nach dreijĂ€hriger Bauzeit eingeweiht werden konnte. Sportjournalist und Assauer-Freund Werner Hansch Ă€ußert in einem Zeitungs-Interview, keiner im Verein könne bestreiten, dass dieses neue Stadion ohne Assauer jemals gebaut worden wĂ€re: „Die Arena ist Rudis Denkmal.“ Die grĂ¶ĂŸte Lebensleistung des Schalker Managers sieht Hansch aber darin, dass Assauer die eigene Alzheimer-Erkrankung öffentlich gemacht habe und dadurch die Krankheit enttabuisiert habe.

Bösartige Krankheit

2006 wurde bei Rudi Assauer Alzheimer diagnostiziert. 2012 machte er seine Erkrankung in einem Interview und in seinen Lebenserinnerungen öffentlich, damit nicht hinter seinem RĂŒcken spekuliert und getuschelt werden mĂŒsse. Seine letzten Lebensjahre verbrachte Rudi Assauer mit seiner Ă€ltesten Tochter Bettina gemeinsam in einer Wohnung in Herten, dort wurde er von ihr gepflegt.

Am 6. Februar 2019 starb Assauer im Alter von 74 Jahren an den Folgen seiner Alzheimer-Erkrankung. Er wurde im engsten Familienkreis bestattet. Sein anonymes Urnengrab befindet sich im Schlosswald in Westerholt nördlich von Gelsenkirchen. Den genauen Ort, wo seine Urne vergraben und mit einer Baumscheibe abgedeckt wurde, kennen nur seine Angehörigen.

WĂ€hrend eines ökumenischen Gottesdienstes nahmen am 15. Februar in der St. Urbanus Kirche in Gelsenkirchen Freunde, WeggefĂ€hrten und ehemalige Mitspieler Abschied von Rudi Assauer. FĂŒr AnhĂ€nger wurde die Trauerfeier auf eine Leinwand in der Arena AufSchalke ĂŒbertragen.

Sonderstempel zum 75. Geburtstag

Zum 75. Geburtstag von Rudi Assauer, am 30. April, erscheint bei der Deutschen Post ein Sonderstempel mit PortrĂ€t in Hemd, Krawatte und Sakko. Wer an dem Tag in Gelsenkirchen vor Ort ist, kann den Stempel im Postbank Finanzcenter, Königswiese 1 in 45894 Gelsenkirchen erhalten. AuswĂ€rtige Fußballfreunde können den Stempel unter Angabe der Nummer 08/071 bei der Deutschen Post AG, Sonderstempelstelle in 92627 Weiden anfordern. DafĂŒr ist ein beigefĂŒgter frankierter Brief oder eine frankierte Postkarte mit der eigenen Adresse erforderlich.

Literatur:

– Gregor Schnittker: Die Helden von 66. Erster deutscher Europapokal-Sieger Borussia Dortmund, Verlag die Werkstatt, Göttingen 2016

– Rudi Assauer mit Patrick Strasser: Wie ausgewechselt. Verblassenden Erinnerungen an mein Leben, Riva Verlag, MĂŒnchen 2012

– Kai Griepenkerl: Ata, Ennatz, Susi, Yyyves. 82 Köpfe des Revierfußballs, Klartext Verlag, Essen 2012

– Wir Kinder der Bundesliga. 50 Jahre Fußball erster Klasse an Rhein und Ruhr, Klartext Verlag, Essen 2013

 


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Authored by: Kai Böhne

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