Die erste mehrfarbige Briefmarke?
Mir ist neulich ein kleines altes Album mit Briefmarken zugeflogen. Ich war vielleicht von den Socken: Da waren lauter bayerische Briefmarken drin. Na klar, ich wusste sofort, was Sache ist! Im 19. Jahrhundert gab es in Deutschland eine ganze Reihe von Staaten, insgesamt gaben 16 verschiedene LĂ€nder ihre eigenen Postwertzeichen heraus. Wahnsinn: Ich hatte wirklich GlĂŒck mit meinem Bayern-Album. Ich ĂŒberlegte schon, ob ich weiter zu Schule gehen mĂŒsste, wenn ich einige der Briefmarken verkaufen wĂŒrde. Super, dann mĂŒsste ich morgen diese MaÂthearbeit nicht mitschreiben!
Keine Briefmarke wertvoll laut Katalog
Dr. Phil holte mich ganz schnell auf den Boden der Tatsachen zurĂŒck: Keines meiner StĂŒcke stand mit mehr als ein paar wenigen Euro im Katalog. Ich verstand die Welt nicht mehr: âDie sind doch alt!â, maulte ich. Dr. Phil zuckte bedauernd die Schultern: âDas ist egal. Sie sind hĂ€ufig und deshalb billig.â Ein Blick in Dr. Phils Tauschalbum bestĂ€tigte das: Ganze Albenseiten hatte er mit Briefmarken gefĂŒllt, die so aussahen wie meine. Betreten blĂ€tterte ich durch mein Album. Meine Augen blieben an zwei Marken hĂ€ngen, die fĂŒr so alte StĂŒcke sehr ungewöhnlich aussahen. Ganz schön groĂ und vor allem recht bunt.
Dr. Phil redete nun den ganzen Abend auf mich ein und erzĂ€hlte mir alles ĂŒber diese Briefmarkenausgabe, was er wusste. Und das war wie immer eine ganze Menge. Die Briefmarken sind die ersten deutschen Sondermarken und erschienen 1911 zum 25. ThronjubilĂ€um des bayerischen Königs Luitpold. Mehrfarbige Briefmarken sind ja heute nichts Besonderes mehr. Genau genommen hat es in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten keine einfarbigen Postwertzeichen mehr gegeben.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren fast alle Briefmarken einfarbig. Aber meine sind nicht die ersten mehrfarbigen Briefmarken. Bereits 1854 erschien in Basel eine dreifarbige Briefmarke â die berĂŒhmte Basler Taube. Und bei der Dauerserie âGermaniaâ ab 1900 gab es einige Marken, die immerhin zweifarbig gedruckt wurden. Es war schon lange, lange dunkel, als ich mit Schrecken feststellte, dass ich noch gar nicht fĂŒr die Mathearbeit am nĂ€chsten Tag geĂŒbt hatte, denn die musste ich ja nun wohl doch mitschreiben âŠ
Text: Zinnober Zacke
Dr. Phil informiert:
Es gibt zwar einige alte Briefmarken, die sehr teuer sind. Der Umkehrschluss, dass alle alten Briefmarken teuer seien, ist jedoch falsch. Von âmehrfarbigâ sprechen die Kataloge dann, wenn eine Marke in mehr als drei Farben gedruckt wurde. Die ersten zweifarbigen Briefmarken in Deutschland gab es ĂŒbrigens schon ab 1867 auf Helgoland. 1879 erschienen dort sogar dreifarbige Briefmarken. Ăbrigens: Die bisher letzte einfarbige Briefmarke der Bundesrepublik erschien bereits 1982.
Update 15. Februar 2019:
Dr. Phil korrigiert:
Das Jahr 2019 fing ja gut an: Zinnober und mir sind im BMS 1/2019 gleich zwei Fehler unterlaufen. Da wĂ€re einmal der âbayerische König Luitpoldâ, von dem Zinnober schrieb. Der war aber gar nicht König, sondern lediglich âPrinzregentâ. Er war der Bruder von Otto, der der eigentliche König war. Nur leider war der geistig nicht zurechnungsfĂ€hig und so regierte sein Bruder Luitpold, der eben nicht König, sondern Prinzregent hieĂ. Dessen Sohn Ludwig nannte sich dann König und so hatte Bayern dann einige Jahre lang zwei Könige: Den nicht regierenden Otto und den regierenden Ludwig. Doch es kam noch dicker: Zinnober und ich behaupteten, dass nach 1982 in der Bundesrepublik keine einfarbigen Briefmarken mehr herausgegeben wurden. Leider haben wir das nicht genau genug recherchiert. Es gab noch mindestens drei Sonderbriefmarken: Heiliger Adalbert (MiNr. 1914), Franz Kafka (MiNr. 2680) und Franz Liszt (MiNr. 2846).
AlpenlÀnder 2024 (E 1)
ISBN: 978-3-95402-471-1
Preis: 74,00 âŹ
Versandkostenfreie Lieferung innerhalb Deutschlands.
Jetzt bestellen
Guten Tag Herr Liebig,
Ihr Artikel ist gut und auch jugendgerecht. Nur ist Ihnen ein kleiner Fehler unterlaufen: Luitpold war nich bayerischer König, sondern Prinzregent. Der König war Otto, der aber wegen geistiger Behinderung das Amt nicht ausĂŒben konnte.
Herzliche GrĂŒĂe
Guten Tag Herr Kreiner,
ja, Sie haben Recht, das stimmte so nicht. Wir haben den Beitrag aus Heft 1/19 online gestellt, ohne die in Heft 2/19 abgedruckte Korrektur dazuzustellen. Die haben wir nun oben eingefĂŒgt.
Mit freundlichen GrĂŒĂen
Stefan Liebig
Vielen Dank fĂŒr diesen Artikel zur ersten farbigen Briefmarke. Interessant, dass die erste deutsche Sonderausgabe 1911 zum ThronjubilĂ€um des bayerischen Königs hergestellt wurde. Ich habe auch einige alte Briefmarken und möchte sie bald verkaufen.