Schöpfer unaufgeregter Klangräume: Erik Satie
Erik Saties Kompositionen sind wie atmosphärische Szenen, die man betreten kann. Wie ein klanglicher Mantel, in den man sich einhüllen kann. Kann: Denn Saties Musik drängt sich nicht laut auf oder überwältigt gar. Allenfalls zieht sie ihre Rezipienten langsam hinein oder lullt sie stetig ein. Saties bekannteste Arbeiten, die für Klavier geschriebenen „Gymnopédies“, die „Vexations“ und „Gnossiennes“ sowie das symphonische „Socrate“ sind zwar von beeindruckender Wirkmacht. Aber sie kommen leise, einfach und undramatisch, statt in irgendeiner Weise pompös oder bombastisch daher. Erik Satie, der Schöpfer unaufgeregter, oft melancholischer und auf Wiederholung setzender Klangräume, wurde heute vor 150 Jahren in der Normandie geboren.
An das Pariser Konservatorium führte es ihn mit 13 Jahren speziell deswegen, weil sein Vater, der zeitweise im Musikverlagswesen tätig war, in zweiter Ehe mit einer Pianistin und Klavierlehrerin verheiratet war. Wirklich lag ihm dies zu jener Zeit aber gar nicht. Und so kam es auch zu keinem formalen Abschluss. Erst später, als binnen fast 30 weiterer Jahre gediehener Komponist, begab sich Satie erneut freiwillig in einen akademischen Kontext. Jetzt wollte er dort gezielt bestimmte kompositorische Techniken lernen. Und diesmal erhielt er auch ein Zertifikat für seine Studien.
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Kein konventioneller Künstler
In gewisser Weise ist es aussagekräftig, dass Erik Satie keine ganz konventionelle künstlerische Schulung durchlief: Denn der Franzose gehörte nicht dem musikalischen Mainstream seiner Gegenwart an. Vielmehr ging er als Exzentriker in vielerlei Hinsicht einen sehr individuellen Weg jenseits der Mitte. Ausgetretene Pfade ließ er hinter sich, und musikalische Regeln und vermeintliche Gesetze war er bereit aufzubrechen. Das zeigen auch die schalkhaften Titel seiner eigentlich eher getragen klingenden Arbeiten, beispielsweise „Schlaffe Präludien für einen Hund“ und „Bürokratische Sonatine“.
Auch privat wandelte Satie in eigenen Bahnen, trug zum Beispiel jahrelang denselben Anzug, welchen er in sieben Ausführungen besaß. Des weiteren hatte der so aufgeräumt komponierende Künstler den Ruf, in seiner für Gäste konsequent verschlossenen Wohnung in ausgesprochenem Chaos gelebt zu haben. Was das Finanzielle betrifft: Während er sich auch inspiriert von Bildender Kunst und Kubismus entwickelte – Satie kannte nicht nur die Kollegen Claude Debussy und Maurice Ravel, sondern auch Pablo Picasso und Marcel Duchamp –, verdiente der lebenslange Junggeselle seine keineswegs immer zahlreichen Brötchen nicht nur durch die Veröffentlichung seiner Arbeiten. Bevor seine Komponistenkarriere mit Beginn der 10er-Jahre des 20. Jahrhunderts kommerzielle Früchte trug, spielte Satie nämlich auch sehr viel in Cabarets und Cafés der „Montmartre-Szene“ Klavier. Speziell im „Le Chat Noir“ machte er dabei teilweise selbstgeschriebene Musik, die eine Stimmung im Hintergrund lieferte.
Musikalische Hintergründe
Und dies deutet ebenfalls in einem bestimmten Sinn auf das Wesen des Satieschen Schaffens und Denkens hin: Der Komponist arbeitete nämlich nicht so sehr daran, komplexe musikalische Welten zu erschaffen, die den Hörer zu einer bewegten, auf und ab führenden Reise mitnehmen sollten. Im Gegenteil: Erik Satie war eigentlich gerade an musikalischen Hintergründen interessiert. Und so sprach er auch von „Musique d’ameublement“, von „Einrichtungsmusik“.
Damit wies der 1925 Verstorbene den Weg in die musikalische Moderne der „Neuen Musik“ und beeinflusste auch die in der zweiten Jahrhunderthälfte einsetzende „Minimal Music“-Bewegung. Und vermutlich deswegen sind seine Kompositionen auch in so vielen Filmen eingesetzt worden, dass der weiche „Satie-Sound“ fast schon zum Gemeingut avanciert ist.