Die ganze Welt ist eine Bühne: Shakespeare
Der Mann aus Stratford
Wahrscheinlich ist William Shakespeare 400 Jahre nach seinem Tod der weltweit berühmteste Dichter überhaupt. Einer der nicht nur bildungskanonisch etablierten, sondern mehr oder weniger unumgänglichen Namen, die fast jeder Erdling schon einmal gehört hat: Man liest Shakespeare in der Schule, das städtische Theater spielt eines seiner Stücke, ein Regisseur adaptiert seine Stoffe filmisch. Oder irgendjemand zitiert – auch im deutschen – Alltag Wendungen und Titel seiner Werke, die im Laufe der Jahrhunderte zu geflügelten Worten mutiert sind. Stichwort: „Sein oder Nichtsein: das ist hier die Frage“. Und auch die Redensart „Ende gut, alles gut“ („All’s well that ends well“) findet sich beim größten Meister des Dramas. Denn das ist William Shakespeare bis heute, egal, ob es um Tragödie oder Komödie geht.
Von Stratford nach London
Shakespeare kam in Stratford-upon-Avon zur Welt. Eine heute etwas mehr als 20 000 Einwohner zählende Stadt. Sie ist längst zum Schauplatz eines Menschen aus aller Welt anlockenden Shakespeare-Tourismus geworden. Der Verfasser von beinahe 40 Dramen und über 150 Gedichten, besonders den berühmten Sonetten, ist nicht nur der bekannteste ehemalige Bürger der englischen Stadt. Er, der etwas mehr als 50 Jahre alt wurde und dessen Grab sich auch in Stratford befindet, ist zudem ein einträglicher Wirtschaftsfaktor der Region.
Am besten weiß man allerdings über Shakespeares Londoner Zeit Bescheid: Er trat dort im letzten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts als Schauspieler, Autor und Teilhaber der „London Chamberlain’s Men“ in Erscheinung. Die Theatertruppe wurde später als „King’s Men“ vom Königshaus gefördert und spielte – auch was Shakespeares Vermögen betraf – erfolgreich im eigenen Haus. Nämlich im berühmten „Globe“-Theater.
Was davor genau geschah, ist natürlich ebenfalls Gegenstand andauernder, aber eben mühsamer historischer Rekonstruktion. Bekannt ist: Shakespeare war der Sohn eines Handschuhmachers und mit mehreren öffentlichen Funktionen betrauten Stadtbürgers, besuchte in Stratford die Schule und lernte Latein. Und er heiratete noch vor seinem 20. Lebensjahr. Aus seiner Ehe gingen drei Kinder hervor.
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Viel Lärm um nichts?
Handelt es sich bei dem anstehenden Rummel entlang Shakespeares Todestags um „Viel Lärm um nichts“ („Much ado about nothing“)? Natürlich nicht: Die Shakespearschen Texte sind für den Zuschauer, Leser und Hörer erstaunlich. Derart mitreißend oder anrührend, untergründig und nahezu überirdisch schön klingen nur die Arbeiten weniger anderer Dichter. Aber nicht nur in ihrer poetischen und dramaturgischen Perfektion sind Shakespeares Schöpfungen wirklich zeitlos. Sie behandeln auch überdauernde Fragen und Themen, die sich zudem immer wieder in neuer Form inszenieren und mit der Gegenwart verknüpfen lassen.
Blutrünstige Machtgier und fürchterliche Gewissensbisse, an den Rand der Verzweiflung treibende Sinnsuche im Angesicht des Chaos, ewige Liebe und ihre durch menschliches Tun auferlegten Schranken. Mal heiter-rasant, mal tragisch-ausweglos verworrenes Beziehungs- und Verwechslungstreiben: Wer einmal in „Macbeth“, „Hamlet“, „Romeo und Julia“ oder „Othello“ eingetaucht ist oder die Historiendramen über die königlichen Henrys und Richards im Theater erleben konnte, der hat ein in besonderer Weise illustriertes Bild von Welt und Mensch. Von der unsichtbaren Schicksalhaftigkeit der Zusammenhänge und Ereignisse. Den schlimmsten Untiefen der Charaktere und ihrer intriganten Auswüchse. Auch von der brodelnden Erotik und treibenden Lust sowie der sprudelnden Lustigkeit der kecken Gemüter. Shakespeare unterhält, sensibilisiert und bildet. Das Jahrtausend-Genie aus Stratford ist aus sehr vielen Gründen ein Klassiker.
Es sei denn, es ist „etwas faul im Staate Dänemarks“, und das alles stammt gar nicht aus seiner Feder! Sondern zum Beispiel aus der des verdeckt dichtenden 17. „Earl Of Oxford“ namens Edward de Vere? Eine manchmal auftauchende These. Fachleute und sogenannte „Stratfordianer“ folgen ihr allerdings zumeist nicht. Doch das ist eine Frage, die hier nicht beantwortet werden kann. Es wäre auch „Vergebliche Liebesmüh“ („Love’s labour‘s lost“)…