Toni Morrison: Von Gnade und Jazz
Toni Morrison gilt als eine der bedeutendsten amerikanischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Als Schwarze hat sie sich in ihrer Arbeit speziell mit der Situation von Afroamerikanern in den USA beschäftigt. Mit Sklaverei, Rassismus und Ausgrenzung, den Fragen nach Identität und Heimat. Außerdem sind besonders die gesellschaftliche Stellung von Frauen, Benachteiligung und Selbstverwirklichung wichtige Themen in Morrisons Werk. Die Autorin von „Solomons Lied“ („Song of Solomon“), „Gnade“, „Jazz“ und „Menschenkind“ („Beloved“) erhielt viele Auszeichnungen, darunter 1988 der Pulitzerpreis und 1993 der Literaturnobelpreis. Toni Morrison wird heute 85 Jahre alt.
Feinsinnige Verwendung von Sprache
Morrisons literarischer Erfolg begann im Jahr 1970, als ihr Erstling „Sehr blaue Augen“ („The Bluest Eye“) erschien. Zu dieser Zeit hatte sie bereits jahrelang Englisch unterrichtet, auch an der „Howard University“, an der sie selbst studiert hatte. Anfang der 1970er-Jahre arbeitete sie dann beim bekannten „Random House“-Verlag, eine Tätigkeit, welche die Autorin als hilfreich für ihr späteres Verhältnis zu Lektoren und Agenten betrachtet. Morrison, deren eigentlicher Name Chloe Anthony Wofford lautet, stammt aus Ohio. Sie wuchs in einfachen Verhältnissen auf und entwickelte sich zu einer guten, von Literatur und Sprache faszinierten Schülerin. Mit dem Erzählen kam sie früh und intensiv in Berührung. Sie nahm die Wirkung der feinsinnigen Verwendung von Sprache dabei tief in sich auf: Denn in ihrer Familie war es eine fest verankerte gemeinsame Aktivität, dass sich die Generationen zusammensetzten und füreinander Geschichten erzählten. Es waren phantasievolle Kindergeschichten, aber auch solche aus der Wirklichkeit und Vergangenheit. Geschichten, die trotzdem eine Bedeutung für die Gegenwart hatten. Die etwas bei den Hörern bewirken konnten, eben nicht zuletzt weil sie auf eine bestimmte Art erzählt wurden. Neben der Lektüre von Klassikern wie William Faulkner oder Virginia Woolf war dies eine gute literarische Schule.
Schreiben vor dem Sonnenaufgang
Mit ihrem Ehemann Harold Morrison – die beiden ließen sich 1964 scheiden – bekam Toni Morrison zwei Kinder. Ihre bevorzugte Routine schon vor Sonnenaufgang mit dem Schreiben zu beginnen, rührt noch daher, dass sie sich in den ersten Lebensjahren ihrer Söhne nach deren Schlafenszeiten richten musste. Spät in ihrem Leben ereilte Morrison ein tragisches Ereignis: Ihr Sohn Slade, mit dem zusammen sie in den späten 1990er- und frühen 2000er- Jahren an mehreren Büchern für Kinder arbeitete, starb 2010 an Bauchspeicheldrüsenkrebs. Trotz ihres großen Erfolgs als Autorin nahm Morrison ihre Dozententätigkeit 1989 wieder auf. Bis zum Jahr 2006 war sie Professorin in „Princeton“ und führte dabei Kurse für kreatives Schreiben durch. Auch beschäftigte sie sich mit anderen Genres. 2007 etwa wurde die Oper „Margaret Garner“ in New York aufgeführt, für die Morrison das Libretto verfasste. Und im Jahr 2012 gab es eine weitere hohe Auszeichnung: Toni Morrison wurde die „Presindential Medal Of Freedom“ verliehen.