Jack London: Glaubwürdige Abenteuer über Draufgänger und Naturgewalten
Seine Abenteuerromane wurden mit Begeisterung verschlungen und beeinflussten zahlreiche Generationen Heranwachsender. Jack Londons Schilderungen außergewöhnlicher Geschehnisse und gefahrvoller Situationen stehen für Freiheit, Draufgängertum, Überlebenskampf und Naturgewalten. Genau das Richtige für jugendliche Leserinnen und Leser mit ihrer Sehnsucht nach Fernweh und Abenteuer. Die Romane „Der Seewolf“, „Wolfsblut“, „Ruf der Wildnis“, „Lockruf des Goldes“ und das autobiografische Werk „Martin Eden“ wurden zu Bestsellern und wurden mehrfach international verfilmt. Vor 140 Jahren, am 12. Januar 1876, wurde Jack London in San Francisco geboren. Anders als die Erzählungen von Karl May, der über nordamerikanische Indianer fabulierte, bevor er Amerika bereiste, atmen die Werke Londons Glaubwürdigkeit und Authentizität.
London stammte aus ärmlichen Verhältnissen. Bereits mit 13 Jahren verließ er die Schule, um als Zeitungsjunge, Helfer in einem Wirtshaus und als Hilfsarbeiter einer Konservenfabrik zum Familieneinkommen beizutragen. Viele seiner späteren Geschichten versuchen dieses frühe Kindheitstrauma aufzuarbeiten und vermitteln ein eindringliches Bild der sozialen Zustände jener Zeit in Nordamerika. Schon als Kind las London haufenweise Bücher aus öffentlichen Bibliotheken. Er sah in der Bildung eine Voraussetzung und Gelegenheit zum sozialen Aufstieg. Eine Bibliothekarin beriet und förderte den lese- und bildungshungrigen Jungen und bestärkte ihn bei seinem Selbststudium.
Nach Tätigkeiten als Austernräuber, Robbenjäger, Heizer und Kohlenschlepper im Kraftwerk der Oaklander Straßenbahn versuchte London dem monotonen Arbeitsalltag zu entfliehen, indem er als Hobo (Eisenbahntramp) illegal auf Güterzügen kreuz und quer durch Amerika fuhr.
Im Anschluss holte er seinen Schulabschluss nach, begann ein Studium an der Universität von Berkeley und arbeitete gleichzeitig in einer Dampfwäscherei. Daneben schrieb er nächtelang auf einer uralten Schreibmaschine seine ersten Stories. Es gelang ihm jedoch zunächst nicht, diese Geschichten zu verkaufen. Finanzielle Gründe zwangen ihn zum Abbruch seines Studiums.
Nachdem in Kalifornien Nachrichten von Goldfunden am Klondike River eintrafen, brach auch Jack London mit seinem Schwager im Juli 1897 Richtung Norden auf. Doch seine Hoffnungen erfüllten sich nicht, er kehrte enttäuscht nach Kalifornien zurück und setzte seine literarischen Bemühungen fort. Diesmal mit mehr Erfolg, mehrere Zeitschriften druckten seine Erzählungen und Reportagen.
Eine Kurzgeschichtensammlung ebnete London 1900 den Weg zu einer journalistischen und literarischen Karriere. Durch seine ungeheure Erzählkraft und seinen neuen Realismus gehört Jack London zu den Gründervätern der modernen amerikanischen Literatur um die Jahrhundertwende. Es gelang ihm Träume, Ängste, Einsamkeit, Liebe, Treue, Hoffnung und den Tod in einer bis dahin in der Literatur nicht gekannten Eindringlichkeit aufzuzeigen. Seine Storys trafen genau den Nerv der Zeit und waren ein großer Erfolg.
Besonders nachhaltig wirkten seine Wahrnehmungen in der kanadischen Wildnis und seine Erfahrungen als Seemann. Viele seiner späteren Romane erschienen zunächst als Fortsetzungsgeschichten in Zeitungen. London gehörte zu den glücklichen Autoren, die ihren Ruhm noch zu Lebzeiten erleben konnten. Durch seine in kurzer Folge veröffentlichten Romane, Reportagen und Artikelserien wurde er schnell wohlhabend. Von seinen literarischen Einnahmen ließ er sich eine Yacht bauen, mit der er mehrere lange Seereisen unternahm.
Doch der Ruhm war hart erarbeitet. Der Literaturkritiker Eckhard Ullrich zitiert Jack London mit folgender Einlassung: „Oft habe ich den Eindruck, dass mein Erfolg als Schriftsteller zum guten Teil auf das Training während meiner Vagabundenzeit zurückzuführen ist. Um etwas zu essen zu bekommen und mich am Leben zu erhalten, war ich gezwungen, Geschichten zu erzählen, die glaubhaft klangen.“
London schuftete am Schreibtisch ebenso wie als Kind in der Konservenfabrik. Franz Jung berichtet in einem Essay von engen Vertragsbedingungen, die London zu erfüllen hatte: wöchentlich eine Novelle, monatlich zehn Kurzgeschichten und jährlich zwei Bücher. Laut Reinhard Wissdorf verfasste Jack London zwischen 1900 und 1916 über 50 Bücher, darunter Romane und Sachbücher, hunderte von Kurzgeschichten und zahllose Artikel mit einer großen thematischen Bandbreite.
Jack London starb jung, bereits mit 40 Jahren, am 22. November 1916. Die genaue Todesursache ist unklar. Lange Zeit ging man davon aus, er habe den Freitod gewählt. Mehrere Biographien übernahmen diese Angabe ungeprüft. Seit einigen Jahren gehen jüngere Autoren von einer Harnvergiftung infolge eines Nierenversagens aus. Für beide Theorien gibt es Anhaltspunkte. Auch nach dem Tod bleibt der Schriftsteller populär. Sogar neben Lenins Sterbebett soll ein aufgeschlagener Jack London-Erzählband gelegen haben.