„Ein klein Paris“
Geschichten aus Leipzigs Geschichte
Leipzig ist eine Stadt mit vielen Facetten — und mit vielen Beinamen. „Messestadt“ ist wohl der bekannteste davon. Im Jahre 1937 wurde die sächsische Handelsmetropole sogar offiziell zur „Reichsmessestadt“ erklärt; ein Titel, der freilich mit dem Ende des „Dritten Reiches“ schnell wieder verschwand und in der DDR später durch die Bezeichnung „Zentrum des Ost-West-Handels“ abgelöst wurde. Über lange Zeit nahm das auch heute noch lebendige Buch- und Verlagswesen Leipzigs eine führende Stellung in Deutschland ein, so dass mit Fug und Recht von der „Buchstadt“ Leipzig gesprochen wird. Dem Wirken großer Komponisten, Dirigenten und Klangkörper verdankt Leipzig den Ruf einer „Musikstadt“. Nur eines war Leipzig nie: eine Residenzstadt. So wird man hier vergeblich fürstliche Prunk- und Prachtbauten suchen; selbst das malerische „Gohliser Schlösschen“ entstand einst als barockes bürgerliches Landhaus. Gern schmückt sich die Universitätsstadt aber bis heute mit dem Attribut, das Goethe im „Faust“ einem zechenden Studenten in den Mund legte: „Es ist ein klein Paris und bildet seine Leute“.
Ein stolzer Vergleich — immerhin war Paris schon länger als ein Jahrhundert die Hauptstadt Frankreichs, als Leipzig im Jahre 1015 zum ersten Mal überhaupt schriftlich erwähnt wurde. Und das nur nebenbei; der Merseburger Bischof Thietmar berichtet in seiner Chronik, dass in besagtem Jahr sein Meißener Amtsbruder Eido in der „urbs Libzi“, der Burg Leipzig, starb. Die im Zuge der deutschen Ostexpansion errichtete Burg trug den Namen einer slawischen Siedlung, der sich vom altsorbischen Wort „lipa“ (Linde) ableitet. Das Neben- und Miteinander von deutschen Kolonisten und alteingesessener sorbischer Bevölkerung bestimmte über lange Zeit den Landesausbau im Gebiet zwischen Saale und Elbe. So wurde in Leipzig noch bis 1327 in deutscher und sorbischer Sprache Recht gesprochen …
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