Briefmarke der Woche: Vergessenes Früchtchen
Mit dem dieswöchigen Artikel über die Briefmarke der Woche verabschiedet sich der Autor von Ihnen, werte Leser, mit einem Satz Briefmarken aus Belgien, der bereits im Juni diesen Jahres erschien. Man könnte behaupten, dass die Ausgabe vergessen wurde, was allerdings nicht der Wahrheit entspräche. Vom Vergessen handelt es allerdings dennoch: Vom Vergessen heimischer Obstsorten.
„Neglected fruits“ heißt es im englischsprachigen Raum, wenn man von Obstsorten spricht, die dem heutigen Supermarkt-Mainstream nicht mehr entsprechen und die „vernachlässigt“ oder vergessen wurden. Wenn man sich mal vor Augen führt , wie viele Apfelsorten im Ladenregal zu finden sind; wie viele kennen Sie? Vielleicht fünf? Sieben? Tatsächlich gab es einst in Deutschland über 10.000 verschiedene Sorten, Landrassen und Varietäten des beliebtesten deutschen Obstes. Man mag es kaum glauben.
Es gibt aber auch Gründe, warum die Sortenvielfalt abgenommen hat. Neben Ertrag und Krankheitsresistenz gibt es auch Ursachen, die bei uns Verbrauchern liegen: Stellen Sie sich vor, Sie kaufen einen Apfelsaft. Der schmeckt Ihnen besonders gut und Sie wollen diesen Saft weiterhin kaufen. Wenn nun ein andere Apfelsorte beim Abfüller in die Saftflasche gepresst würde als zuvor, wäre der Geschmack auch anders. Da könnte sich die Marketingabteilung noch so anstrengen, Sie hätten ein komisches Gefühl bei der Sache und würden die Vielfalt der Apfelsorten nicht wirklich genießen können.
Der belgische Briefmarkensatz vom 29. Juni diesen Jahres führt noch andere Obstsorten neben dem Wildapfel auf: Preiselbeere, Pfirsich, Quitte, Walderdbeere, Stachelbeere, Heidelbeere, Himbeere und die Mispel.
Zugegeben, nicht alles, was die Belgier hier als vergessene Früchte deklarieren, mag für unsereins hier in Deutschland zutreffen. Aber wer hat den von Ihnen schon mal eine Quitten- oder Walderdbeerenmarmelade gekostet? Oder kennt jemand von Ihnen die zuckersüßen Sorten der gelben Himbeere? Preiselbeerenmarmelade wird immerhin noch traditionell zu Wildbret gereicht, was aber auch nicht täglich auf dem Teller zu finden ist. Noch rarer wird es mit der Mispel, nicht zu verwechseln mit der Mistel, die ein doch recht häufiger Baumparasit ist und deren weißliche Beeren giftig und nur für Vögel genießbar sind.
Die Mispel gehört, wie viele Steinobstfrüchte, zur Familie der Rosengewächse und ist damit verwandt mit Apfel, Birne, Kirsche, Pflaume, etc… Früher war die Mispel weit verbreitet und ihre Früchte wurden auch volksmedizinisch eingesetzt, haben sie doch eine harntreibende und adstringierende Wirkung.
Wenn Sie also beim nächsten Spaziergang an einer Kleingartenanlage vorbeikommen, dann biegen Sie doch mal ein und schauen Sie nach, was es so an Varietäten, Sorten und kuriosen Obstvarianten abseits des üblichen Auslagesortiments Ihres Supermarktes zu finden gibt.
Weiterhin viel Spaß mit dieser Rubrik, der Philatelie und auf dass nicht zu viel davon vergessen wird!
Ihr Boris M. Hillmann
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