Retter der Mütter: Ignaz Semmelweis
Ignaz Semmelweis war ein Mediziner, dessen Arbeit in ihrer Bedeutung auch dem Laien schnell deutlich wird. War es doch der am 13. August 1865 gestorbene ungarische Arzt, der in seinem Fachbereich der Gynäkologie und Geburtshilfe Zusammenhänge von Hygiene und Erkrankungen, speziell das zu seiner Zeit oft auftretende, tödliche Kindbettfieber, weitgehender als bis dahin geschehen erschloss und darauf aufmerksam machte. Und dies tat er längerfristig eindeutig zu großem allgemeinen Nutzen. Aber weniger zu seinem unmittelbaren eigenen Vorteil: Zu Lebzeiten gelang es Semmelweis nämlich nicht, seine Erkenntnisse in der Fachwelt und Öffentlichkeit wirklich zu etablieren und ihnen vor allem zur praktischen Umsetzung zu verhelfen. Seine persönliche Geschichte erscheint dabei auch tragisch.Denn die Ergebnisse der Semmelweisschen Arbeit wurden in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts weitgehend abgelehnt. Hygienische Standards unter Ärzten und Personal in Krankenhäusern waren zu dieser Zeit gar noch nicht so weit gediehen, wie man vielleicht denken möchte. Und Semmelweis, der in Budapest geboren war und 1844 26-jährig in Wien promoviert hatte, machte sich mit seiner Kritik an der gängigen Desinfektionspraxis und seinen Forderungen nach umfassenden Veränderungen viele Feinde.
Wichtiger ist nichtsdestotrotz, dass seine zunächst ignorierten wissenschaftlichen und ärztlichen Verdienste bald vielen Menschen das Leben retteten: Semmelweis erkannte, dass vor dem Umgang mit Patientinnen, vor Untersuchungen und Operationen präzise und gewissenhaft desinfizierende Maßnahmen vorgenommen werden mussten, um zu verhindern, dass die Patienten ständig erkrankten und in der Folge auch starben. Auf die Spur dieses Zusammenhangs brachte den Arzt besonders eine Beobachtung in der Wiener Klinik für Geburtshilfe, wo er selbst tätig war: Die Mortalität war in der dortigen Abteilung, in welcher Frauen von Hebammen behandelt wurden, geringer als in einer weiteren von Ärzten und angehenden Medizinern betreuten. Der Grund dafür war, so die Semmelweissche Erklärung, dass letztere, nachdem sie im Rahmen ihrer pathologischen Arbeit – und dies kam in der medizinischen Wissenschaft zu dieser Zeit zunehmend vor – Leichen sezierten und untersuchten, ihre Hände nicht ausreichend wuschen. Es gelang Semmelweis vor Ort schließlich in großem Ausmaß, Todesfälle zu verhindern, indem er die Anwendung von desinfizierendem Chlorwasser und Chlorkalk einführen ließ.
Aber Ärzte anderswo nahmen seine Beobachtungen und die daraus abgeleiteten Vorgehensweisen und Empfehlungen nicht ernst. Wissenschaftlicher Ruhm und ein großer Karriereschwung für Semmelweis blieben aus. Und dies obwohl er seine Ergebnisse publizierte und außerdem wiederholt versuchte, sie in Offenen Briefen zu verbreiten. Semmelweis machte der Fachwelt und seinen Kollegen, die ihm uneinsichtig und vor allem verantwortungslos erschienen, deswegen heftige Vorwürfe. Vielleicht mehr noch aber sich selbst: Dass die tragischen Tode vieler Frauen womöglich hätten verhindert werden können, hätte er seinen Schlüssen und Anleitungen nur mehr Gehör verschaffen können, machte ihm, das zeigen Aufzeichnungen aus seiner Feder, schwer zu schaffen.
Semmelweis wurde – möglicherweise an der Alzheimer-Krankheit leidend – im Sommer 1865 in eine Irrenanstalt nahe Wiens eingewiesen. Und bald darauf war er tot. Die Angabe der Todesursache war – eine makabere Wendung des Schicksals – eine Blutvergiftung.
Wissenschaftliche und allgemeine Anerkennung, die Würdigung als Wegbereiter der modernen Antisepsis, wurde Ignaz Semmelweis dann endgültig ab der Wende zum 19. Jahrhundert zuteil. Es war in dieser Zeit und in der Folge, dass man ihn wegen seiner großen Verdienste in der Vorbeugung des Kindbettfiebers auch als den „Retter der Mütter“ bezeichnete.