„Kunst zeigt nicht das Sichtbare, sie macht erst sichtbar“
Mit seinen Aquarellen, Zeichnungen und Gemälden sowie als stilistisch vielseitiger und gleichzeitig eigenständiger Vertreter der Moderne ist Paul Klee (1879-1940) einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts aus dem deutschsprachigen Raum. Er starb vor genau 75 Jahren, am 29. Juni 1940.
Als Kind zeichnete Klee viel. Dafür beobachtete er die Natur, und außerdem fertigte er gern Karikaturen seines kindlichen und jugendlichen, nicht zuletzt schulischen Umfelds an. Ein kunstsinniger Junge war der in der Nähe Berns Geborene, liebte er doch auch Musik und Literatur. Es zog ihn allerdings am stärksten zur Bildenden Kunst.
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Nach einmaliger Ablehnung schließlich in die dafür zuständige „Münchner Akademie“ aufgenommen, brach der ungefähr 20-jährige Klee seine Studien an der Jahrhundertwende jedoch wieder ab. Arbeiten konnte er während dieser Zeit als konzertierender Violinist und Geigenlehrer. War er doch ein talentierter und geförderter Sohn zweier ausgebildeter Musiker und hatte es diesbezüglich seinerseits zu ausreichender Könnerschaft gebracht. Gelegentlich kehrte Klee auch in sein Elternhaus zurück. Hier hatte er ein Dach über dem Kopf, konnte einigermaßen ungestört nachdenken und sich auf seine künstlerischen An- und Absichten konzentrieren.
Denn mit denen war es ihm ernst, und sie galt es immer wieder einmal zu überprüfen. Ab 1902 war Klee mit der Pianistin Lily Stumpf verlobt, die ebenfalls aus dem Instrumentalunterricht Geld schöpfte. Wenige Jahre darauf heirateten die beiden und bekamen einen Sohn. Wiederholt unternahm Klee Reisen. Nicht nur für das Vergnügen oder zur Erholung. Nach Rom und Paris führten ihn vor allem seine künstlerischen Interessen und Ambitionen. Ließen sich dort doch Werke der großen Meister finden sowie zeitgenössische und avantgardistische künstlerische Strömungen in Museen, Galerien und Ateliers aufspüren und verfolgen. Wie für manchen Künstler, war diese Auseinandersetzung für Klee jedoch eine ambivalente Angelegenheit: Einerseits wirkte sie anregend und inspirierend, andererseits führte sie zu heftigem Selbstzweifel und Fragen nach den eigenen Möglichkeiten.
Später besuchte Klee auch einige Male den afrikanischen Kontinent. Und als besonders bedeutsam für seine Entwicklung stellte sich diesbezüglich die Reise nach Tunis im April des Jahres 1914 heraus. In seinen frühen Jahren hatte sich Klee vor allem schwarz-grauen Zeichnungen und Radierungen gewidmet. Nach 1914 beschäftigte ihn hingegen speziell etwas, das er in gewisser Weise selbst erlebt hatte: die reichhaltigen tunesischen Lichtverhältnisse in Verbindung mit omnipräsenten arabischen Ornamenten. Besonders unter ihrem Eindruck sowie im Austausch mit Vertretern und Werken des Expressionismus und Kubismus wurde aus Klee ein veränderter Künstler. Ein Maler nämlich, in dessen Werk starke Farben und strukturierende Formen in ihrer jeweiligen Autonomie und abstrakten Verwendung gegenüber einer abzubildenden Natur im großen Stil Einzug hielten. „Die Kunst zeigt nicht das Sichtbare, sie macht erst sichtbar“, lautet ein bekannter Satz Paul Klees dazu. Und ein anderer Ausspruch bringt die Wende in seiner künstlerischen Sichtweise und seinem Selbstverständnis besonders deutlich zum Ausdruck: „Die Farbe hat mich. Ich bin Maler.“ Dabei galt Klee das Einfache und Kindlich-Unverfälschte, auch das Primitive und Verschüttete, ungemein viel, und er hielt seine aus der eigenen Kindheit stammenden Zeichnungen im Grunde für seine beste Kunst. Die der Suche nach grundlegenden, wesentlichen Formen und Regeln des formalen Aufbaus entsprungenen Motive seiner Bilder lassen sich in diesem Zusammenhang auch als surrealistisch begreifen.
Mit Beginn der 1910er-Jahre mehrten sich die Ausstellungen Kleescher Arbeiten. 1912 beteiligte sich der Künstler an einer Münchener Austellung der Gruppe „Der Blaue Reiter“, zu deren Mitgliedern auch seine Freunde Wladimir Kandinsky und August Macke gehörten. 1914 tat er sich mit Kollegen in der „Neuen Münchener Secession“ zusammen, bevor er zum Kriegsdienst einberufen wurde.
Klee verfasste auch theoretische, ja kunstphilosophische Schriften zu seiner eigenen Arbeit, dem Charakter der Kunst der Gegenwart und zur künstlerischen Existenz und Tätigkeit überhaupt. Schließlich wurde er auch Dozent, und zwar am erst in Weimar und ab 1925 in Dessau angesiedelten Bauhaus. Klees eigenes Schaffen kam darüber aber keinesfalls zum Erliegen. Auch wurden erste Ausstellungen seiner Arbeiten in den USA organisiert.
Im Jahr der nationalsozialistischen Machtergreifung verließ der international längst hochangesehene Klee seinen Wohnsitz Düsseldorf, wo er mittlerweile an der Kunsthochschule lehrte, und siedelte in die Schweiz aus. In Deutschland verunglimpfte man seine Kunstwerke bald als „Entartete Kunst“.
Die letzten Lebensjahre Paul Klees, der sein Schaffen seit 1911 selbst sorgfältig dokumentierte, waren auch von seiner unheilbaren Krankheit, der Sklerodermie, geprägt. Doch gesellten sich immer noch neue und frische Arbeiten zu seinem Werk, das nie nur einer künstlerischen Strömung zurechenbar gewesen und niemals stehengeblieben war.