Dem Teufel verschrieben?
Carl Michael Bellman, Komponist und Lieddichter, auch Autor von Gedichten, Bühnenstücken und Prosa, wurde am 4. Februar des Jahres 1740 in Stockholm geboren. Er kann als Volks- und Nationaldichter betrachtet werden, der auch 275 Jahre später noch im Grunde jedem Schweden ein Begriff ist. Ein „Rokoko-Liedermacher“ wird er genannt. Seine Stücke nach Melodien zum Beispiel von Mozart oder Haydn sang er oft selbst und spielte dazu Saiteninstrumente. Darunter gerne das „Cithrinchen“. „Fredmanns Episteln“ und „Fredmanns Gesänge“ – zu Beginn der 1790er-Jahre veröffentlicht, aber schon lange zuvor geschrieben und vielleicht die bedeutendsten Werke Carl Michael Bellmans – behandeln den dem Alkohol und sinnlichen Freuden zugeneigten, unsteten Stockholmer Uhrmacher Jean Fredmann. Einer, der sich des Nachts in Kneipen sowie in Gesellschaft lasterhafter Frauen aufhält und sich mit finanziellen Nöten herumschlägt.
Dem Künstler Bellman waren diese Figur und solche Szenerien nicht fremd: Er, Sohn einer wohlhabenden und etablierten Familie, ging seinen musischen Talenten schon früh und seitdem beständig nach. Doch verfolgte Bellman weniger materielle und gesellschaftliche Sicherheit. Vielmehr machte er immer wieder Schulden, verdiente mit unterschiedlichen, eigentlich gar nicht unlukrativen Tätigkeiten Geld, statt eine für ihn zugängliche Beamten- oder Universitätskarriere anzustreben. Auch erhielt Bellman Unterstützung aus der royalen Börse des ihm zugetanen Gustav III., dem er die Weise „Gustavs Wohl“ geschrieben hatte. Nur starb der königliche Mäzen 1792 nach einem Attentat, und der mittlerweile verheiratete Familienvater Bellman, der sich an dessen Hof eingerichtet hatte, geriet erneut in finanzielle Schwierigkeiten.
Seine oft satirisch auf die Gesellschaft blickenden Liedtexte erregten teilweise Anstoß bei der Kirche, die seine unsittlichen, vorlauten Machwerke aus dem Verkehr gezogen wissen wollte. Einmal musste der Dichter in finanzieller Bedrängnis nach Norwegen fliehen und bei anderen Gelegenheiten wanderte er deswegen ins Gefängnis. Und ähnlich dem lebenslustigen Charakter des Kleinbürgers Fredman war das Trinken auch eine der Lieblingsbeschäftigungen des Verfassers von „Jergen Puckel verschreibt sich dem Teufel“.
Dass Bellmans Werke bei allen Bevölkerungsgruppen Schwedens so populär wurden und blieben, könnte freilich auch genau damit zutun haben: Die Stoffe des Barden sind nicht elitär und künstlich, sondern gespeist aus Erfahrung sowie nah am und voller Verständnis für das Leben der Menschen. Das humorvolle, ironische und mitunter derbe Oeuvre des prototypischen Liedermachers stand auf und an der Seite der Leute, die lebten, liebten, lachten und litten. Hatte auch Carl Michael Bellman sich dem Teufel verschrieben? Das wohl kaum. Doch hatte er sich im Lauf seines der Musik und Dichtung gewidmeten Lebens in verschiedenen Sphären – zwischen dem höchsten Adel und, wie er es gerne sang, dem „Rinnstein“ – bewegt, als er 1795 an Tuberkulose und immer noch ohne viele Kronen in der Tasche starb.