Großes Spiel: 200 Jahre Wiener Kongress
Die Schaffung des neuen alten Europas
„Es gibt in der Geschichte kein Zurück, nie und unter keinen Umständen.“ Mit diesen Worten kommentierte der Historiker Golo Mann die Anstrengungen des Wiener Kongresses, das alte, vor-napoleonische Europa wieder auferstehen zu lassen. In der Tat trugen die Bemühungen der siegreichen Herrscher, eine nachhaltige Wiederherstellung der alten Ordnung durchzusetzen, keine dauerhaften Früchte. Zu viel war in den vergangenen 25 Jahren geschehen und konnte nicht ungeschehen gemacht werden. Allein der Kongress selbst muss dennoch als welthistorisches Ereignis bewertet werden, und die Arbeit der Monarchen und Gesandten, die sie zwischen den prächtigen Empfängen und Bällen leisteten, gehört für sich genommen zu den bemerkenswertesten Leistungen der europäischen Diplomatie.
Endlich frei
Mit der Abdankung Napoleon Bonapartes am 12. April 1814 lag das französische Imperium endgültig in Trümmern. 20 Jahre des Krieges in ganz Europa und jahrelange französische Besetzung nahmen ein Ende. Die Koalition der Großmächte, die im Aufbegehren gegen den korsischen Kaiser eine nie da gewesene Einigkeit gezeigt hatte, machte sich daran, die Ordnung auf dem Kontinent wieder herzustellen. Zahlreiche Staaten und Fürstentümer hatten aufgehört zu existieren oder waren in neuen napoleonischen Staatengründungen aufgegangen. Einzig Großbritannien und Russland hatten unbesiegt ihre Souveränität zu erhalten vermocht. Österreich und Preußen, von Napoleon geschlagen und zum Frieden gezwungen, waren erst im Zuge der Befreiungskriege wieder in die Reihen der Alliierten eingetreten.
Bereits beim Abschluss des Ersten Pariser Friedens Ende Mai 1814 hatten die Siegermächte gemeinsam mit dem aus dem Exil zurückgekehrten Bourbonenkönig Ludwig XVIII. die weitere Neuordnung der europäischen Verhältnisse vereinbart. Die Verhandlungen sollten in Wien stattfinden. Gastgeber war der österreichische Kaiser Franz I., Verhandlungsleiter dessen Außenminister Fürst von Metternich.
Ein Zugereister
Klemens Wenzel Lothar Metternich stammte ursprünglich aus dem rheinländischen Koblenz. Der Spross aus altem Adel hatte in Straßburg und Mainz Rechts- und Staatswissenschaften studiert und war bereits früh mit den Spielregeln der Macht vertraut geworden. Dabei hatte er wichtige Kontakte für sein späteres Wirken knüpfen können. Als Begleiter seines Vaters auf einer Englandreise lernte er etwa den Prince of Wales persönlich kennen. Nach dem Verlust der elterlichen Besitztümer durch die Franzosen entwickelte sich Metternich zu einem glühenden Anti-Revolutionär und folgte seiner Familie nach Wien. 1801 erhielt der junge Mann endlich seine erste Anstellung als Diplomat der österreichischen Krone. In den folgenden dramatischen Jahren entwickelte sich Metternich zu einem der umtriebigsten Akteure der alliierten Bündnispolitik, der federführend die Koalitionen gegen Napoleon schmiedete. Bereits im Studium hatte er sich für eine Politik des europäischen Gleichgewichts unter österreichischer Führung begeistert. Fortan wirkte er geschickt und mit großem persönlichem Talent an der Umsetzung dieser Vision und wurde dadurch zum zentralen Gegenspieler des französischen Kaisers, bis zu dessen Ende …
Den kompletten Artikel von Jan Sperhake über den Wiener Kongress finden Sie in der neuen DBZ 23/2014, die Sie aktuell im Bahnhofsbuchhandel bekommen. Abonnenten sparen sich den Weg und auch noch Geld…