Herrschaftshäuser in Nippon
Bereits 2013 war in Japan eine Serie von fünf Briefmarken erschienen, die japanische Burgen abbilden (siehe DBZ 26/2013). Im Juli 2014 erschien dazu die zweite Serie, bei der je zwei Marken eines Motivs im Kleinbogen gedruckt wurden. Die japanischen Burgen entstanden in der Azuchi-Momoyama- und der Edo-Zeit, also um 1600. Die zahlreichen militärischen Auseinandersetzungen waren der Grund für ihren Bau. Gleichzeitig dienten die Bauwerke auch der Grenzsicherung. Die Burgen hatten ihren Ursprung in Befestigungsanlagen auf Hügeln, aus deren Erdwälle und Palisaden sich Festungen herausbildeten. Da die Festungen mehrere Bollwerke besaßen, konnten sich die Verteidiger stets in das nächste Bollwerk zurückziehen. Die ersten Feuerwaffen, die im 16. Jahrhundert in Japan zum Einsatz kamen, verlangten Änderungen in der Konstruktion. Ein starker Erdwall und ein gemauerter Wall umschlossen jetzt die Burganlage. Bereits 1566 ließ Oda Nabunaga eine Burg errichten, die einen 4000 Meter langen Wall mit zehn Häusern und zehn Warttürmen besaß und damit Ausgangspunkt des neuen Burgentyps wurde, der den bisherigen „tenshu-kaku“ genannten Burgtyp aus zwei Stockwerken, wobei das obere Stockwerk sowohl als Burgwarte als auch als Schrein für den Kriegsgott Hachimandabosatsu diente, ablöste. Mit dem Bau der Burg Azuchi im Biwa-See begann 1576 diese Etappe des Burgbaus, der auch die abgebildeten Burgen angehören. Jetzt entwickelten sich auch am Fuße der Burgen die Burgstädte, in denen neben den Kriegern auch Handwerker und Kaufleute lebten.
Nachdem Tokugawa Ieyasu die Macht seines Shogunats gesichert hatte, befahl er die Zerstörung der Burgen. Er wollte sicher gehen, dass sie nicht Ausgangspunkt von Revolten werden konnten. Tausende von Burgen fielen dem Befehl zum Opfer und es blieben nur etwa 200 als Verwaltungssitze bestehen. Die Burgherren mussten bei der Zentralregierung in Edo für jede bauliche Veränderung die Erlaubnis einholen. Damit endete in Japan die Zeit des Burgenbaus.
Matsumae-Cho
Auf der ersten Briefmarke ist die Burg Matsumae-Cho dargestellt. Sie ist die einzige Burg auf der Insel Hokkaido im Norden Japans. Sie erhebt sich auf einem Hügel auf der Halbinsel Oshima an der Tsugaru-Straße, die die Inseln Honshu und Hokkaido voneinander trennt. Bei Matsumae verlief um 1600 die Nordgrenze Japans. Hokkaido war von den japanischen Ureinwohnern, den Ainu, bewohnt. Bereits 1590 hatten die Mitglieder des Kakizaki-Clans, die sich später nach der Burg benannten, Hokkaido als Lehen von Toyotomi Hideyoshi erhalten. Sie sollten das Land gegen die Ainu verteidigen und ,nach Möglichkeit, Gebiete im Norden erobern.
Später kam noch eine weitere wichtige Aufgabe hinzu. Die Burg wurde ein Bollwerk gegen die Bedrohung durch ausländische Schiffe, denn in Matsmae fanden die ersten Kontakte zwischen Russen und Japanern statt, die aber vom Shogun strikt unterbunden wurden. Die Burg wurde im Laufe der Geschichte mehrmals zerstört. Die heutige dreigeschossige Burg, eine modern Betonrekonstruktion, wurde in den frühen 1960er Jahren errichtet und beherbergt das Museum des Matsumae-Clans.
Inuyama
Die Burg von Inuyama entstand bereits 1537 und ist damit die älteste der erhaltenen Burgen in Japan. Da sie nie zerstört wurde, ist sie die einzige originale Holzburg des Landes. Sie überragt auf einem 40 Meter hohen Hügel die Stadt Inuyama in der Präfektur Aichi auf der Insel Honsh?. Sie wird als Hakutei-ja, als „Burg des weißen Reihers“ bezeichnet. Diese Bezeichnung bezieht sich auf das Wirken des Kunfuzianergelehrten Ogy? Sorai. Seit 1935 gehört die Burg zum nationalen kulturellen Erbe Japans.
1537 ließ Oda Nabuyasu, der Großvater von Oda Nabunagas, die Burg errichten. In der Folgezeit wechselten die Besitzer öfter bis endlich Toyotomi Hideyoshi Besitzer der Burg wurde. Ab 1614 war die Burg im Besitz der Familie Naruse, die die Burg auch heute noch ihr Eigen nennt. Damit ist die Burg von Inuyama die einzige noch in Privatbesitz verbliebene Burg Japans. Die Meiji-Regierung hatte die Burg 1869 zwar in Staatsbesitz überführt, aber nach dem schweren Erdbeben von 1891 wegen der teuren Reparaturen wieder an die ursprünglichen Besitzer zurückgegeben. Die Burg wurde schon mehrmals auf Briefmarken abgebildet (MiNr. 1006, 1745).
Matsue
Die Burg Matsue liegt in der Präfektur Shumane ganz im Süden der Insel Honsh?. Sie wird als „Regenpfeifer-Burg“ oder „Schwarze Burg“ bezeichnet, weil alle Wände im Inneren schwarz gestrichen sind. Unter Daimy? Yoshiharu Horis begann der Bau 1607 und wurde bereits 1611 fertig gestellt. Äußerlich entsteht der Eindruck, dass der Turm fünf Geschosse besitzt, tatsächlich sind es aber sechs. In der Provinz Izumo ist sie die einzige komplett erhaltene Burg.
Die Burg gelangte bald in den Besitz von Maomasu Matsudaira, einem Enkel von Ieyasu Tokugawa. Sie blieb dann über zehn Generationen im Besitz des Matsudaira-Clans. Die Burg ist nie zerstört worden. Allerdings kam ihr Ende 1875, als beschlossen wurde, sie abzureißen. Nur der Burgfried blieb erhalten. Von 1950 bis 1955 erfolgte der Wiederaufbau. Auch von dieser Burg gibt es bereits Briefmarken (MiNr. 3136, 4755).
Takamatsu
Auch die Burg Takamatsu in der Präfektur Kagawa steht in Verbindung mit dem Matsudaira-Clans, denn sie war seit 1642 in ihrem Besitz. Doch ihre Geschichte ist älter. 1582 belagerte Toyotomi Hideyoshi Takamatsu. Nach der Eroberung betraute er Ikoma Chikamasa mit der Verwaltung des Gebietes auf der Insel Shikoku. Er ließ auch von 1688 bis 1690 die Burg errichten. Nachdem der Ikoma-Clan jedoch in Ungnade gefallen war, wurde die Burg dem Matsudaira-Clan übergeben. Die Burg gehört zu den drei sogenannten Wasserburgen, den Mizujiro. Die Burg wurde direkt in einer Ebene am Meer errichtet. Wassergräben sorgten für Schutz. Die Burg besitzt drei Ebenen mit unterschiedlichen Funktionen. Der Burgfried besteht aus fünf Stockwerken. Während der Meiji-Ära wurde die Burg völlig zerstört. Nur wenige Reste blieben erhalten. Erst im Jahre 2010 begann die Rekonstruktion, die 2013 abgeschlossen werden konnte. Zur Rekonstruktion konnten historische Wandschirme mit Ansichten der Burg, wie auf dem Rand des Kleinbogens abgebildet, beitragen.
Kumamoto
Die Burg Kumamoto auf der Insel Kyushu, die schon oft auf Briefmarken zu finden war (MiNr. 1881, 2441, 4327-31, 5622), gehört zu den bedeutendsten Burgen Japans. Schon früh gab es hier eine Burg. Nachdem 1587 Toyotomi Hideyoshi Kumamoto sie eroberte hatte, gab er das Gebiet an Kato Kiyomasa, der hier seine Residenz einrichtete und von 1601 bis 1607 die Burg errichtete. Sie trägt auch den Beinamen „Ginkgo-Burg“, denn Kato Kiyomasa soll einen Ginkgobaum gepflanzt haben, der noch heute regelmäßig Früchte trägt.
Die Burg hatte riesige Ausmaße, denn sie bedeckte insgesamt eine Grundfläche von 980?000 Quadratmetern, hatte 49 Türme, 18 große und 29 kleine Tore. Der Umfang der sehr steilen Mauern betrug 5,3 Kilometer. Im Laufe der Jahrhunderte wurden aber zahlreiche Gebäude zerstört und in neuer Zeit wieder aufgebaut, wie der Burgfried, der 1960 aus Stahlbeton errichtet wurde. Das Uto-Yagawa ist ein fünfstöckiges Gebäude mit drei Dachgiebeln, das im Original erhalten geblieben ist. Auf einem 20 Meter hohen Steinunterbau erhebt sich der 19 Meter hohe hölzerne Turm.
Die japanische Post hat für den Dezember bereits die nächste Folge der Burgenserie angekündigt.
Dietrich Ecklebe