Jean Renoir – Filme zwischen den Fronten
Heute vor 120 Jahren erblickte Jean Renoir in Montmartre bei Paris das Licht der Welt. Der zweite Sohn des berühmten impressionistischen Malers Pierre-Auguste Renoir sollte später in seinem Schaffen als Filmmacher selbst zu Ruhm kommen.
Aufgewachsen war der junge Jean im warmen Süden Frankreichs und wurde oftmals in den Bildern seines Vaters verewigt. Aber nicht nur er und die anderen Mitglieder der Familie standen Model für den Vater, zahlreiche junge Frauen gaben sich die Türklinke in die Hand, um sich als Model ein wenig dazuzuverdienen. Entsprechend war der Bub schon recht früh mit Nacktheit vertraut und wunderte sich während seiner Schulzeit ab 1901, warum die anderen Jungs immer so ein Theater machten, wenn es um die Kurven eines weiblichen Körpers ging.
Seine Gouvernante Gabrielle Renard war es schließlich, die ihn die Melodramatik lieben lehrte. Gleichwohl zog Jean mit Beginn des Ersten Weltkrieges in die französische Armee ein und diente als Kavallerie-Offizier und Kampfpilot. Verwundet verlor er beinahe ein Bein, welches ihm amputiert werden sollte, doch die Mutter intervenierte. Zeitlebens blieb ihm dennoch ein Hinken, verbunden mit stetem Schmerz.
Nach der großen Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts verdingte sich Jean Renoir als Keramikkünstler. Seine Leidenschaft galt aber Autos und dem Kino. Besonders die cineastischen Werke von Charlie Chaplin und David Wark Griffith hinterließen bei ihm einen nachhaltigen Eindruck.
Noch bevor er die Leidenschaft für den Film in ein professionelles Engagement überführte, lernte er 1917 das 17-jährige Model Andree Heuchling kennen. Die lebhafte, rothaarige Schönheit war das letzte Model seines Vaters, der im Dezember 1919 verstarb. Einen Monat nach dessen Tod war Jean mit Andree verheiratet und ein Jahr darauf gebar sie den gemeinsamen Sohn Alain.
Es war dann 1924 als Jean sich im Alter von 30 Jahren dazu entschloss, ins Filmbusiness einzusteigen und seine hübsche Frau Andree unter dem Künstlernamen Catherine Hessling zu einem Star zu machen. Im selben Jahr spielte Andree die Hauptrolle in dem Film „La Fille De L’Eau“, zwei Jahre später in „Nana“. Bis 1928 drehte er mit seiner Frau insgesamt 6 Filme.
Noch in seiner Zeit in Europa entstand 1937 seine wohl beste Arbeit: „La Grande Illusion“. Die Geschichte handelt von der Lagerkriegsgefangenschaft zweier Franzosen nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland. Der Film besticht nicht nur wegen der schauspielerischen Leistung der Protagonisten, auch die mehrdimensionalen Perspektive des Films, sowohl auf den deutschen Feind, als auch auf die französische Bourgeoisie, unterscheidet diese Arbeit von anderen Anti-Kriegsfilmen. Im Zusammenhang von Mehrdimensionalität sei hier nur der hochgelobte Film „Der Soldat James Ryan“ genannt, 1998 gedreht von Steven Spielberg mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Das interessante bei Renoirs Film war zudem, dass sowohl die französische als auch die deutsche Zensur mit dem Film überfordert schien. Joseph Goebbels verbot den Film und prangerte ihn als französische Propaganda an. Die Franzosen fanden ihn viel zu deutschfreundlich und gewährten nur eine stark zensierte Version. Am Vorabend des Zweiten Weltkrieges waren Filme mit einer Botschaft vom friedlichen Zusammenleben aller Klassen und sozialen Schichten jedweder Nation offensichtlich nicht erwünscht.
Im Zweiten Weltkrieg diente Jean Renoir beim Filmservice der französischen Armee, floh dann aber mit Beginn der Besetzung durch die Deutschen 1940 in die Vereinigten Staaten. In Hollywood angekommen, arbeitete er weiterhin als Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler. Auch in seiner amerikanischen Schaffensperiode blieb Renoir ein erfolgreicher Filmemacher. So erhielt er 1946 für den Film „The Southern“ eine Regie-Oscar-Nominierung, ging jedoch leer aus.
Insgesamt wirkte Jean Renoir an 37 Filmen mit, die Großteils zum Poetischen Realismus gezählt werden, jenem Genre, welches besonders in den 30er Jahren sehr populär war. Für sein Lebenswerk wurde er 1975 schließlich mit dem Oscar geehrt.
Im Alter von 84 Jahren verstarb Renoir in Los Angeles, USA. Sein Leichnam wurde nach Frankreich überführt, wo er neben seiner Familie auf dem Friedhof von Essyoes bestattet wurde.