Opa und die „Sonne des Lebens“
Er ist einer der bekanntesten finnischen Schriftsteller, und doch dürften ihn hierzulande nur die wenigsten kennen: Frans Eemil Sillanpää, am 16. September 1888 als Sohn armer Bauern geboren, wollte nichts weiter sein „als der geduldige Beobachter, der unrevolutionäre Interpret, der mitleidende Darsteller menschlichen Schicksals“, wie es ein Nachruf in der Wochenzeitung die „Die Zeit“ formulierte: „Er predigte und verkündete nicht, er idealisierte und romantisierte nicht – er schilderte die kreatürlich-dumpfe Welt bäuerlichen Daseins, in der die Menschen ihr Tagewerk tun, wie der Jahresrhythmus es ihnen auferlegt, in der sie aber letztlich passiv verharren, wie der Lebensrhythmus es ihnen gebietet. Leben ist bei Sillanpää immer Leiden; und für ihn ist dem Menschen dieses Leiden gegeben, ohne daß er ihm ausweichen oder es überwinden kann: Es muß getragen und ertragen werden.“
Nach glücklicher Kindheit und einem abgebrochenem Medizinstudium in Helsinki, währenddessen er in einer Künstlergruppe Jean Sibelius kennen lernte, kehrte er in sein Heimatdorf zurück, heiratete und widmete sich von nun an, allen finanziellen Widrigkeiten zum Trotz, dem Schreiben. Im Jahr 1916 erschien sein erster Roman, „Sonne des Lebens“, der ein bemerkenswerter Erfolg wurde, gefolgt von „Das fromme Elend“ aus dem Jahr 1919, in dem Sillanpää seine Erfahrungen aus dem finnischen Bürgerkrieg verarbeitete. Ein großer internationaler Erfolg wurde 1931 sein Roman „Jung entschlafen“, der unter dem Titel „Silja, die Magd“ in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde.
„Für die geistige Tiefe und die Kunst, mit der er das Wesen Finnlands und das Leben der finnischen Bauern in ihren wechselseitigen Beziehungen dargestellt hat“, wurde ihm im Jahr 1939 als erstem Finnen der Literatur-Nobelpreis zugesprochen. Allerdings wurde die Verleihung außerhalb Skandinaviens aufgrund des Beginns der Zweiten Weltkriegs kaum wahrgenommen, im Dritten Reich wurden seine Werke ohnehin verboten. Seine großen Erfolge konnte der Vater von acht Kindern nach der Verleihung des Nobelpreises nicht mehr wiederholen, sondern zehrte von seinem Ruhm, wobei seine letzten Jahrzehnte von Armut und Alkoholmissbrauch überschattet waren. Vor 50 Jahren, am 3. Juni 1964, ist der seinerzeit bei den Finnen einfach und zärtlich als „Opa“ bekannte und beliebte Schriftsteller im Alter von 75 Jahren gestorben. Zu seinen Ehren ist ein Asteroid benannt worden, zudem erschien 1980 sein Porträt auf einer finnischen Briefmarke.