Die zwei Karrieren des Johnny Weissmüller
Die Figur des „Tarzan“ bleibt mit ihm verbunden: Johnny Weissmüller war in der Frühphase Hollywoods zwar nicht der allererste, aber der breitenwirksamste Darsteller, der den Mann aus dem Dschungel verkörperte. Und er tat es eindrucksvoll, in mehr als zehn Streifen. Bevor er aber zum Stern am kalifornischen und dann weltweiten Filmhimmel wurde, ging Weismüller als Schwimmer bei nationalen und internationalen Meisterschaften an den Start. Seine Erfolge waren dabei immens: Bei den 1924 in Paris veranstalteten Olympischen Spielen war der damals zwanzigjährige vielfache Medaillenträger bereits als Weltrekordler im Freistil berühmt, und auch vier Jahre später holte er in Amsterdam noch einmal olympisches Edelmetall. Diese Bekanntheit half ihm in Hollywood, nachdem er seine Sportlerkarriere mit Beginn der 30er-Jahre beendet hatte. Johnny Weissmüller, der mit seinen Eltern, die ihm den Namen János gegeben hatten, als Kind aus dem noch zum Kaiserreich Österreich-Ungarn gehörenden Rumänien in die USA gekommen war, hatte den Oberkörper eines Schwimmers. Und in der Rolle des lediglich lendenbeschurzten Filmhelden sah man nicht nur während der gelegentlichen Schwimmszenen, sondern durchgängig viel davon.
Überaus attraktiv fand ihn die Frauenwelt, prototypisch maskulin erschien er nacheifernden Jungen, aber darauf reduzieren lässt sich die Wirkung des Weissmüllerschen Tarzans freilich nicht. Sie dürfte vielmehr damit zu tun gehabt haben, dass die Geschichte vom jungen Mann adeliger Herkunft, der elternlos unter Affen aufwächst, ein anthropologisches Faszinosum mit einer langen literarischen Tradition von Menschenkindern unter Tieren darstellt. Es lag auch daran, dass an seiner Seite und in seinem starken Arm die schöne Jane, über weite Strecken gespielt von Maureen O´Sullivan, schwang, die dem Charme des inoffiziellen Dschungelkönigs erlag. Und auch dieser konnte sich dem Geheimnis der unbekannten Gattungsgenossin nicht entziehen, die sich da in sein archaisches Reich verirrt hatte. „Me Tarzan, you Jane.“ Soviel war erfrischenderweise klar, und eine Übersetzung erübrigt sich an dieser Stelle. Ikonisch auch Weissmüllers imposanter Ruf, den er, ob affenartig auf der eigenen Brust trommelnd oder der Reaktion alliierter Schimpansen, Elefanten und Wildkatzen harrend, dem ansonsten eher schweigsamen Lianenvirtuosen in den Mund legte. Weissmüller verwies diesbezüglich auf die ideengebende Tradition des Jodelns, der er als Heranwachsender in der Chicagoer Community europäischer Migranten begegnet war und gefrönt hatte.
Jenseits seiner im Grunde vollständig auf die Tarzan-Reihe beschränkten filmischen Laufbahn heiratete Weissmüller insgesamt fünf Mal, blickte mit Selbstironie auf sein schauspielerisch-handwerkliches Repertoire und wies darauf hin, dass er den Weg nach Hollywood nicht eben gesucht, aber ob des winkenden Glamours und Dollars wohl kaum hatte ausschlagen können. In der Schwimmwelt ehrte man ihn noch kurz vor seinem Tod als mindestens einen der größten Athleten des Wassersportes überhaupt. Er starb 1984 an seinem letzten Wohnort, dem mexikanischen Acapulco. Olympionike, Weltrekordschwimmer und Filmstar-die zwei Karrieren des Johnny Weissmüller. Welche die größere war? Egal, sie waren beide die seinen. Und wenn man noch einmal hinhört, schallt es noch immer aus dieser schillernden Geschichte und Biographie des 20.Jahrhunderts: Aaahiiiaahhiioohh…