Tiefe Einblicke in fremde Welten
Er war ein Kind der Aufklärung, wie es im Buche steht. Johann Georg Adam Forster scheute weder die Gefahr noch das Ungewisse, um neues Wissen zu erlangen. Sicher, diese Einstellung wurde ihm mit in die Wiege gelegt: Sein Vater, der Naturforscher Johann Reinhold Forster, nahm ihn bereits im Alter von zehn Jahren, 1765, mit auf eine Studienreise zu den deutschen Kolonien an der Wolga. Ein Jahr später siedelten Vater und Sohn, zuvor in Nassenhuben bei Danzig und St. Petersburg wohnhaft, nach London über. Im immer noch zarten Alter von 17 Jahren stach Forster 1772 zu einer Weltumseglung in See.
Er begleitete seinen Vater, der eine Einladung des britischen Seefahrers und Entdeckers James Cook erhalten hatte, ihn zwecks der Erkundung von fremdländischer Flora und Fauna zu begleiten. Der junge Forster sollte eigentlich seinem Vater behilflich sein, Zeichnungen von der Pflanzen- und Tierwelt der Südsee anzufertigen, jedoch tat er sich durch ganz andere Aktivitäten hervor. So entdeckte er sein Interesse für fremde Kulturen. Er lernte die Sprache vieler indigener Ethnien Polynesiens und studierte ihre soziale Ordnung, ihre Religion sowie Sitten und Gebräuche. Sein Einfühlungsvermögen und seine größtenteils vorurteilsfreie Einstellung ermöglichten ihn tiefe Einblicke in fremde Welten, die bis heute von wissenschaftlicher Bedeutung sind.
Das gleiche gilt für die Ethnographica, die Forster während der Seereise zusammentrug. Diese Objekte aus dem alltäglichen oder religiösen Leben der Menschen sind heute von unschätzbarem Wert. Sie stammen allesamt aus vorkolonialer Zeit und blieben vollkommen unbeeinflusst von den sogenannten westlichen Kulturen. Diese Relikte einer vergangenen Zeit firmieren heute unter dem Namen „Cook-Forster-Sammlung“ und können in der Ethnologischen Sammlung der Universität Göttingen besichtigt werden. Das wohl bekannteste Stück ist eine aus Federn gefertigte Skulptur, die den hawaiianischen Kriegsgott Kuka’ilimoku darstellt.
Nicht unerwähnt bleiben sollte eine weitere Reise Forsters, die er 1790, gemeinsam mit Alexander von Humboldt, antrat. Aus den gewonnenen Eindrücken resultierte das dreibändige Werk „Ansichten vom Niederrhein, von Brabant, Flandern, Holland, England und Frankreich im April, Mai und Juni 1790“, das auch Goethe ausdrücklich lobte. Man „wünscht sich, mit einem so guten, so unterrichteten Beobachter zu reisen“, schrieb der Dichterfürst an den Autor.
Es wundert wenig, dass jemand, der sich so offen für andere Kulturen zeigt und der Wissenschaft so eng verbunden ist, auch im Politischen ein aufklärerisches Denken an den Tag legt. Forster junior stand in Kontakt mit den wichtigsten Vertretern der Aufklärung in Deutschland. Er wünschte sich Freiheit und setzte große Stücke auf die Französische Revolution. Als die Franzosen im Jahr 1792 Mainz besetzten, zählte er zu den Mitbegründern der nur kurz währenden Mainzer Republik. Sein Wirken für Veränderung isolierte ihn schließlich: Voller Hoffnung war er nach Paris gereist, um sich für die Angliederung der Mainzer Republik an Frankreich einzusetzen. Doch nach dem Abzug der Französischen Revolutionsarmee aus Mainz war dieses Ansinnen sinnlos geworden, eine Rückkehr jedoch durch die Reichsacht verwehrt. Georg Forster starb am 10. Januar 1794 im Alter von nur 39 Jahren in Paris an einer Lungenentzündung.