Marke der Woche: Rundes Jubiläum unter Feinden
Unsere heutige „Marke der Woche“ steht für ein besonders interessantes Kapitel der japanischen Geschichte. 400 Jahre diplomatische Beziehungen zu Spanien werden gewürdigt, allerdings bedarf dieses Jubiläum ein wenig der Aufschlüsselung. Im Laufe des 16. Jahrhunderts waren Seefahrer verschiedener europäischer Nationen in Japan gelandet. Manchmal geschah dies unfreiwillig bei Schiffbruch, aber auch wirtschaftliche Interessen ließen immer wieder mutige Händler das ferne, unbekannte Feudalreich anlaufen. Anfangs erfolgte ein vorsichtiger Austausch, der weitgehend friedlich verlief. Jedoch besaß auch die katholische Kirche großes Interesse daran, in Japan missionarisch tätig zu werden. Dabei ging es, wie andernorts auch, nicht allein um die Bekehrung verirrter Seelen, sondern auch ganz konkret um Einflussnahme auf die herrschenden Schichten. Dies gestaltete sich aber schwierig, da die Machtverhältnisse auf den japanischen Inseln noch im Werden begriffen waren. Diese Epoche nennt man heute noch die Sengoku-Zeit, was übersetzt „Die Zeit der streitenden Reiche“ bedeutet, und die bis 1573 anhielt. So hatte der Spanier Franz Xaver bereits 1547 mit Billigung eines lokalen Daymo erste Gemeindegründungen vornehmen können, auch wenn der Kaiser sich geweigert hatte, ihn zu empfangen. Der führende Kriegsherr Toyotomi Hideoyoshi etwa sah in den Christen eine nützliches Werkzeug gegen die Vorherrschaft der buddhistischen Klöster. Als jedoch südliche Daymos durch den Kontakt zu Missionaren und Händlern große Gewinne einfuhren und diese in europäische Feuerwaffen investierten, erließ Hideoyoshi 1587 ein Edikt zur Austreibung der Geistlichen, dem etliche Padres zum Opfer fielen. Nach dem Tode Hideyoshis etablierte Tokugawa Ieyasu 1603 sein Shogunat. Er verbot 1612 die katholische Mission und verwies zahlreiche Ausländer des Landes. Christen wurden gekreuzigt oder verbrannt. Gleichzeitig suchte der Shogun Kontakt zu den südamerikanischen Kolonien, um seine wirtschaftlichen Interessen umzusetzen. Minenbau-Ingenieure waren gefragt. Im Gegenzug sollte ein kontrollierter Handel mit den Spaniern zugelassen werden.
1613 erfolgte nun das, was vermutlich als Anlass dieser Sondermarken verstanden werden muss. In nur 45 Tagen ließ Tokugawa eine Galeone nach spanischem Vorbild erbauen, die „Date Maru“. Mit einer Besatzung von 180 Mann, darunter einige Würdenträger des Shoguns, startete man die transpazifische Seereise zu den „südlichen Barbaren“. Anfang 1614 erreichte das Schiff Acapulco, wo der Gesandte Hasekura Tsunenaga erste Verhandlungen führte. Anschließend verkündete Hasekura seine Weiterreise nach Europa. Über Mexiko-Stadt gelangte er an den Atlantik, schiffte ein und erreichte nach Zwischenhalt auf Kuba schließlich im Oktober 1614 das spanische Festland, wo er von Medina Sidonia empfangen wurde, jenem tragischen Admiral, unter dessen Befehl die Spanische Armada 1588 zugrunde gegangen war. Der japanische Edelmann gelangte anschließend an den spanischen Hof, wo er ein Abkommen mit König Philipp III. vorschlug. Über Frankreich ging die Reise weiter nach Italien, wo Hasekura im November 1615 Verhandlungen mit Papst Paul V. führte. Handel mit den spanischen Kolonien als Gegenleistung für die Zulassung katholischer Missionare. Diese wollte der Papst gern schicken, über ein Handelsabkommen solle jedoch der spanische Thron entscheiden. Der Rückreise nach Spanien folgte ein Schock für Hasekura. Spaniens König war über das Ausweisung-Edikt Shogun Tokugawas unterrichtet worden und lehnte jegliches Handelsabkommen strikt ab. Der japanische Gesandte musste unverrichteter Dinge die Heimreise antreten.
Bei seiner Rückkehr nach Japan traf Hasekura auf eine grundlegend veränderte politische Lage. Nach dem Tode Tokugawa Ieyasus 1616 war diesem Tokugawa Hidetada im Amt gefolgt. Dessen latent fremdenfeindliche Haltung war durch lokale Rebellionen unter Mitwirkung christlicher Bevölkerungsgruppen in blanken Hass umgeschlagen. 1623 wurde ein Handelsverbot mit Spanien ausgesprochen, ein Jahr später die diplomatischen Beziehungen abgebrochen. 1639 waren die letzten Spanier und Portugiesen ausgewiesen, und Zeit des Tokugawa-Shogunats verbrachte Japan in absoluter Abgeschiedenheit von der Welt, bis der US-amerikanische Commander Perry 1853 mit Waffengewalt die Öffnung Japans für den amerikanischen Handel erzwang.
Man darf also das auf den Marken gefeierte Jubiläum nicht als Zeitraum begreifen, sondern als punktuelles Ereignis.
Skandinavien 2024/2025
ISBN: 978-3-95402-480-3
Preis: 74,00 €
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