Mit Motorrad übersprungen
Mehr als zehn Jahre lang hatte man am Isthmus von Korinth gegraben. Am 6. August 1893 wurde er dann zur Durchfahrt freigegeben: Mit dem Kanal von Korinth bestand an Ägäis und Ionischem Meer eine Verbindung zwischen dem Saronischen Golf und dem Golf von Korinth.
Zuvor war es nötig gewesen, die griechische Halbinsel des Peloponnes auf einem über 300 Kilometer langen Seeweg zu umfahren. Wenngleich gerade einmal 25 Meter breit, war der nun errichtete Kanal dagegen lediglich rund 6500 Meter lang.
Lange hatte man ihn sich gewünscht. Seit der Antike war es zu diversen Ansätzen gekommen. Julius Cäsar, Caligula, Nero – alle hatten sie Pläne und Versuche eines Kanalbaus verwerfen müssen. Letzterer hatte unzählige (Sklaven-)Arbeiter dafür abkommandiert, aber nach kurzer Zeit war das Unterfangen abgebrochen worden. Der Korinther Herrscher Periander hatte sich um 600 vor Christus hingegen noch dafür entschieden, Schiffe systematisch über die korinthische Landenge hinweg zu ziehen, um sie dann wieder zu Wasser zu lassen.
1881 bestand nun die Möglichkeit gezielter Sprengungen. Damit erschien der Bau realistisch. Und dass man das Projekt jetzt erneut ernsthaft anging, hatte auch mit einem anderen, ähnlich gewaltigen Vorhaben zu tun: Schon 1869 war der Suezkanal fertig geworden. Der Panamakanal sollte es zwar noch länger nicht sein, aber gearbeitet wurde in Mittelamerika schon mit Beginn der achtziger Jahre des 19. Jahrhunderts.
Wie in Mittelamerika erwies sich die Finanzierung der Arbeiten auch in Griechenland zwischenzeitlich als problematisch. Anders als veranschlagt, war 1887 noch ein guter Teil der Bauarbeiten zu erledigen. Die ursprünglich aktive Baugesellschaft jedoch war mittlerweile knapp bei Kasse. Die daher neu gegründete Société Hellénique du Canal de Corinthe (Griechische Gesellschaft des Kanals von Korinth) führte den Bau dann in den folgenden sechs Jahren zu Ende.
Mit den Mitteln der heutigen Schifffahrt ist die peloponnesische Route, die man einst mit der künstlich angelegten Wasserstraße umgehen wollte, kaum noch beschwerlich oder gefährlich. Ohnehin ist der Kanal für größere aktuelle Schiffe zu schmal – so schmal, dass ihn der Australier Robbie Maddison im Jahr 2010 in einem Motorrad-Stunt überspringen konnte – und mit acht Metern auch zu flach.
So stellt der Kanal von Korinth heute als ingenieurwissenschaftliches Monument des industrialisierten 19. Jahrhunderts in erster Linie eine (kreuzfahrt-)touristische Attraktion dar. Während einer Durchquerung gemahnen seine 79 Meter hohen Steilwände dabei an das gewaltige und mühselige Unternehmen, das die Menschen so lange beschäftigt hatte und vor 120 Jahren schließlich seinen Abschluss fand.