Marke der Woche: Im Jahre 2963
Unsere heutige Marke der Woche stammt aus Algerien und erschien bereits am 12. Januar an den Postschaltern. Dennoch lohnt sich ein Blick auf die Hintergründe dieser Sondermarke, denn wie immer eröffnet eine kleine Briefmarke den Blick auf eine große Geschichte.
Am 12. Januar feiern nämlich die Berber, also die Urbevölkerung Nordafrikas, den Beginn des neuen Jahres. Der Name „Yennayer“ klingt vordergründig ein wenig nach Januar. Es heißt sogar in einer Überlieferung, Julius Caesar habe um 45 v. Chr. diesen Feiertag so benannt, was insofern eine lateinische Schirmherrschaft rechtfertigen würde. Tatsächlich aber heißt das Wort übersetzt „Erster Monat“. In diesem Jahr begann am 12. Januar das Jahr 2963 dieser Zeitrechnung. Und die bezieht sich auf die ersten Schritte der Berber hinein in die Weltgeschichte. Über die Herkunft dieses Volkes ist bis heute kaum etwas bekannt. Es handelt sich um die indigenen Bewohner der afrikanischen Nordküste.
Erstmalig tauchten sie in Textquellen des alten Ägyptens auf, anfangs als Viehzüchter und Handelspartner, später jedoch durchaus als Bedrohung des ägyptischen Westgrenze. Denn als sich die Stämme zu organisieren begannen, waren sie durchaus in der Lage, Beutezüge bis weit in das Reich der Pharaonen hinein zu unternehmen. Sie stritten auch an der Seite der legendären „Seevölker“, jener indogermanischen Invasoren, die große Teile der Levante verheerten und schließlich im Nildelta von Pharao Merenptha vernichtend geschlagen wurden. Das war am 29. März 1208 v. Chr. Jedoch: 250 Jahre später hatte das Blatt sich gewendet. Unter der Führung der Meschwesch eroberten aus Libyen eingedrungene Berberstämme um 950 v. Chr. Unterägypten und ließen sich nicht mehr vertreiben, bis wenige Jahre später der Heerführer als Scheschonq I. zum Pharao von Ägypten ernannt wurde. Somit gilt das Jahr 950 v. Chr. für die Berber als Geburtsjahr ihrer nationalen Identität. Freilich leben sie heute wieder verstreut in verschiedener Herren Länder, aber das ist natürlich der arabische Invasion im 7. Jahrhundert geschuldet.
Das besondere aber an diesem Neujahrfest ist sicherlich, dass es keinen religiösen oder mythischen Hintergrund hat, wie wir es aus eigentlich allen anderen Kulturen kennen. Nun, es gibt allerdings noch eine hübsche Legende, die wir Ihnen nicht vorenthalten wollen. Diese erklärt zwar nicht die berberische Zeitrechnung, rechtfertigt aber einen Feiertag im Januar, und das auf ganz bezaubernde Art und Weise: Es war einmal eine alte Frau, die keinen Respekt mehr vor der Naturgewalt des Winters zeigte. Sie ging auf ihre Felder und verspottete ihn. Zu Strafe nahm der Winter einen Tag des Februars und fügte ihn dem Januar hinzu, sodass dieser kalte Monat verlängert werde. Und tatsächlich verlor die Frau ein Rind und übte sich fortan in Demut.
Die Berber feiern nun das Neujahr ausgelassen mit traditionellen Speisen, wie Tagulla-Mehlbrei oder Tajin-Fleischgerichten. Anschließend, so war es früher der Brauch, wurden die Töpfe des alten Jahres gegen neue ausgetauscht. Wenn die Kinder ihre Teller nicht ganz leeren, wird ihnen übrigens durchaus noch mit der Geschichte der alten Frau „Yennayer“ gedroht, die ihnen zur Strafe die Bäuche mit Stroh füllen werde. Denn Speisen verlangen Respekt, sonst ergeht es einem wie in der alten Legende.
Skandinavien 2024/2025
ISBN: 978-3-95402-480-3
Preis: 74,00 €
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