Rettung durch den Onkel
Dr. Phil und ich spielen hin und wieder âPhila-Rouletteâ: Er zeigt mir eine Briefmarke â und wenn ich dazu was vernĂŒnftiges sagen kann, dann darf ich sie behalten. Wenn nicht, muss ich mir einen Vortrag anhören. Meist gewinnt Dr. Phil.
Neulich fischte er ein Bogenteil aus seinem Album und sah mich fragend an. Ich sah sofort, dass die Briefmarken völlig verfĂ€rbt waren. Aber das behielt ich erstmal fĂŒr mich und begann betont langsam zu erklĂ€ren, dass es sich um Dienstmarken handelt. Ich sagte, dass die Marken wahrscheinlich aus dem Deutschen Reich stammen, auch wenn das da nicht draufsteht. Dazu wĂŒrde ja auch das Stempeldatum 1923 passen. Dr. Phil strahlte. Als ich das sagte, fiel mir ein, dass damals ja Inflation in Deutschland herrschte. Daher also auch der hohe Nennwert von 100 Mark! (âŠweiterâŠ)
Gebrauchte Bogenteile
Eben wollte ich sagen, dass es sich ja wohl um GefĂ€lligkeitsstempel handeln mĂŒsste. Wer klebt schon 25 Briefmarken auf einen Brief? Ach ja: Dr. Phil. Und ich. Am Ersttag der neuen 3-Cent-Briefmarke waren wir beide da sehr aktivâŠ
Und dann fiel es mir richtig auf: Die 25 Briefmarken ergaben zusammen ja man gerade 2500 Mark â so viel ist das ja auch nicht. Dr. Phil nickte freudig. Ich schlug schnell mit meinem Smartphone nach: Im August 1923 kostete ein Brief 20000 Mark, da reichte das Bogenteil vor mir noch nicht einmal fĂŒr einen lausigen Brief.
Katalogbestimmung: Keine HĂŒrde
Zum âPhila-Rouletteâ gehört natĂŒrlich auch das Bestimmen der Briefmarke nach Katalog. Das ging schnell: Am Ende des Deutschen Reichs kommen erstmal die Markenheftchen und dann die Dienstmarken. Schnell hatte ich die Marken gefunden: MiNr. 74. Dr. Phil strahlte und wollte mir den Bogenteil gerade rĂŒberschieben, da machte ich ihn drauf aufmerksam: âDen kannst du ruhig behalten, die Briefmarken sind ja alle verfĂ€rbt.â Dr. Phils LĂ€cheln verschwand.
Er sagte nur: âLies den Katalog!â Ich ahnte bereits, dass ich einen bösen Fehler gemacht hatte. BloĂ welchen? Die Marken waren tatsĂ€chlich rötlich verfĂ€rbt, das sah man ganz deutlich. Warum wollte Dr. Phil das nicht einsehen? Keine Ahnung, jedenfalls rief in dem Moment meine Mutter an. Der Onkel war angekommen. Ich musste leider gehen. Hoffentlich vergisst Dr. Phil bis zum nĂ€chsten Mal, dass er noch was erklĂ€ren mussâŠ
Zinnober Zacke
Dr. Phil informiert
Zinnober hat den Katalog nicht ordentlich gelesen. Die Farbbezeichnung lautet âlilarot (Töne) auf mittelrötlichkarminâ. Das hatte er gar nicht beachtet. âLilarotâ ist die Farbe des Drucks. Also ein rot, das etwas lila enthĂ€lt. âTöneâ heiĂt, dass die Farbe der Marke etwas variiert. Also nicht wundern, wenn du eine Briefmarke hast, die zum Beispiel etwas âröterâ als eine andere ist. Das âauf MittelbrĂ€unlichkarminâ heiĂt, dass die Briefmarke auf farbigem Papier gedruckt wurde. âMittelbrĂ€unlichkarminâ ist ein dunkelrot, das etwas brĂ€unlich ist.
Dienstmarken sind ĂŒbrigens Briefmarken, die nur von staatlichen Stellen gekauft und verwendet werden konnten. Das sollte DiebstĂ€hlen vorbeugen. In Deutschland gab es Dienstmarken bis zum Ende des Deutschen Reichs sowie von 1954 bis 1969 in der DDR.
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