Nobelpreisträger mit 37
Das Bohr’sche Atommodell ist wohl jedem ein Begriff. Auf elliptischen Bahnen umkreisen die Elektronen den aus Protonen und Neutronen bestehenden Atomkern. Damit gelang es Niels Henrik David Bohr, die Theorien der klassischen Physik mit den Gedanken der Quantenphysik zu vereinen. Immerhin ließen sich mit Bohrs Modell die Linienspektren des Wasserstoffs erklären, allerdings nur des Wasserstoffs. Deswegen betrachten Physiker das Bohr’sche Atommodell heute als überholt, obgleich es weiterhin an den Schulen gelehrt wird. Ein besseres Modell, den Aufbau des Atoms allgemeinverständlich zu erklären, hat nämlich bislang niemand gefunden.
Schon in der Kindheit zeigte Bohr, geboren am 7. Oktober 1885, lebhaftes Interesse an den Naturwissenschaften. Das verwundert nicht, da der Vater, Christian Bohr, Professor für Physiologie, mit seinen Söhnen oftmals über wissenschaftliche Themen sprach. Harald Bohr, Niels’ Bruder, wurde denn auch Professor für Mathematik, erwarb sich aber zuvor Ruhm mit der dänischen Fußballnationalmannschaft, die 1908 olympisches Silber gewann. Niels Bohr studierte Physik, Mathematik, Chemie, Astronomie und Philosophie. Für eine Arbeit über die Oberflächenspannung von Flüssigkeiten erhielt er 1906 eine Goldmedaille der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften. 1911 promovierte er über die magnetischen Eigenschaften von Metallen. Zwei Jahre später stellte er sein Atommodell vor, in das die Theorien Max Plancks und Albert Einsteins einflossen.
Mindestens ebenso große Bedeutung für die Entwicklung der Physik hatte das 1918 veröffentlichte Bohr’sche Korrespondenzprinzip. Mit ihm gelang Bohr ein Geniestreich besonderer Art: Vereinfacht gesprochen, definierte er, dass die klassische Physik auf der Quantenphysik ruhe. Mit zunehmender Zahl Quanten könne man nämlich die Gesetze des Planck’schen Wirkungsquantums vernachlässigen. Bereits 1922 sprach ihm die Stockholmer Akademie den Nobelpreis für Physik zu – allgemein für seine Forschungen über die Atomstruktur und die von Atomen ausgehenden Strahlungen, nicht bloß für eine seiner Entdeckungen. Im Sommer desselben Jahres hatte er mit Vorträgen, die er in Göttingen hielt, international Aufsehen erregt. Die Wissenschaftlergemeinde sprach von den „Bohr-Festspielen“.
In der Folgezeit legte er verschiedene bahnbrechende Arbeiten vor. 1924 entwickelte er gemeinsam mit Hendrik Anthony Kramers und John C. Slater den Energieerhaltungssatz weiter. Drei Jahre später erklärte er im Komplementaritätsprinzip, dass jede Kenntnis bestimmter Messgrößen stets die Unkenntnis bestimmter anderer Messgrößen bedingt. Diese Theorie schuf er in den legendären Kopenhagener Gesprächen mit Werner Heisenberg, der seinerseits, auf dem Dialog basierend, seine Unschärferelation publizierte. Die 1936 entwickelten Atommodelle, die Bohr „Sandsack-“ und „Tröpfchenmodell“ nannte, konnten sich nicht allgemein durchsetzen.
1943 musste Bohr, nach rabbinischem Recht Jude, aus seiner Heimat fliehen. In Schweden setzte er sich erfolgreich dafür ein, jüdischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren. Nach der Rückkehr forschte er weiter über die Energiegewinnung durch die Atomspaltung, deren Gefahren er wohl unterschätzte. Korrekt sah er die Risiken, welche die militärische Atomforschung mit sich brachte, und engagierte sich wie Albert Einstein, Otto Hahn und zahlreiche weitere große Naturwissenschaftler gegen Atomwaffen.
Am 18. November 1962, also heute vor 50 Jahren, starb Niels Bohr in Kopenhagen. 13 Jahre später erhielt sein Sohn Aage Niels Bohr den Nobelpreis für Physik.