Briefmarken-Produzenten außer Kontrolle
In den vergangenen Wochen machten die beliebten Comic-Helden der „Simpsons“ einmal mehr die Runde durch die Presselandschaft. Grund dafür war die Meldung aus den USA, dass die Sondermarken-Serie aus dem Jahr 2009 augenscheinlich eine dramatische Überproduktion aufwies. Rund zwei Drittel der Auflage wurden vernichtet und somit mehr als 1,2 Millionen Dollar zum Fenster hinausgeworfen. Dass so ein Ereignis zwar einen Höhepunkt, jedoch keinen Einzelfall darstellt, belegt die errechnete Summe von 2 Millionen Dollar Verlust durch Überproduktion in den Jahren 2009 und 2010, das heißt mehr als ein Drittel aller produzierten Sondermarken landeten im Schredder.
Die DBZ-Redaktion hat sich den Bericht des Generalinspekteurs der Post einmal genauer angesehen. Uns interessierten die Hintergründe dieses Missstands. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nach mehr als 20 Seiten Analyse kommt der Bericht zu drei Empfehlungen:
1. Entwicklung eines Controllings der Markenproduktion, welches die tatsächlichen Bedürfnisse des Verkaufs und die Annahme der Marken durch den Kunden einbezieht;
2. Produktion der Sondermarken in „reduzierter Auflage, als Teil einer Strategie zur prozentualen Absatzsteigerung“ (der gesunde Menschenverstand hätte bereits nach den einleitenden Sätzen empfohlen, einfach weniger Marken zu drucken, es aber vermutlich nicht so kunstvoll zu formulieren vermocht. Anm. d. Red.);
3. Entwicklung von Strategien, den Höhepunkt der Verkäufe zu erfassen und besondere Aspekte der Bewerbung der Marken herauszuarbeiten, auch unter Berücksichtigung anderer, ähnlicher Markenausgabe.
Alle drei Punkte gehören eigentlich zu den betriebswirtschaftlichen Grundlagen, ohne die ein so kostspieliges Unterfangen, wie die Produktion eines Jahresausgabeprogramms eigentlich unvorstellbar sein sollte. In aller Ausführlichkeit wird referiert, inwiefern leider die elektronischen Erfassungssysteme der Verkaufsstellen keine Kompatibilität zur zentralen Versand- und Steuerungs-Abteilung aufweisen. Aus diesem Grunde vergleiche das Management händisch Produktionszahlen der Vergangenheit mit den geschätzten Bedarfszahlen der Verkaufsstellen und passe dann Kraft Erfahrung und mittels Vergleichen ähnlicher Markenausgaben die zu produzierende Auflage an. Eine Kontrolle von unabhängiger Seite finde nicht statt. Erschwerend komme hinzu, dass die Markenkontingente, die der Vernichtung zugeführt werden, vorher keiner Erfassung unterzogen werden, man also keinen zeitnahen Überblick habe. Jedoch habe man Ende 2011 begonnen, Verkaufszahlen hinsichtlich Motiv und Farbe der Marken auszuwerten und die Ergebnisse dem Management zur Verfügung gestellt.
Wenn man sich durch die Details und das Zusammenwirken der Stellen und Mechanismen hindurchgearbeitet hat – im Interesse der besseren Lesbarkeit werden die Begriffe auf ihre Abkürzungen PRU, SDC, SSS, POS und SEAM reduziert – fragt man sich unwillkürlich, wie das Büro des Generalinspektor denn überhaupt so viele stichhaltige Werte in Erfahrung bringen konnte. Nun, natürlich sind alle Zahlen irgendwo vorhanden, sie werden bloß augenscheinlich nicht zu Rate gezogen.
Die Aussage des Generalinspektors ist klar und wird an einem halben Dutzend Stellen wiederholt: Wir erkennen keinerlei Anzeichen einer Methodik bei der Bedarfsberechnung. Bitte entwickeln Sie diese umgehend! Wie hoch die Kosten für diese ausführliche, wenn auch mäßig aufschlussreiche Analyse gewesen sein mögen, das steht natürlich auf einem anderen Blatt…