Heute: Start der Paralympischen Spiele
Heute beginnen in London die Paralympischen Spiele. In Zusammenarbeit mit der Werkstattzeitung der Göttinger Werkstätten für behinderte Menschen präsentieren wir daher einen kurzen Artikel zum Thema „Paralympics“. Vor 64 Jahren begann die Geschichte der Paralympischen Spiele in Großbritannien. Der deutschstämmige Neurologe Sir Ludwig Guttmann (1899–1980) erkannte die positive Wirkung des Sporttreibens für Gelähmte im Rollstuhl und setzt diese bewusst für den Heilungsprozess ein.
Nach seiner Emigration nach Großbritannien aufgrund seiner jüdischen Herkunft im Jahre 1939 entwickelte Guttmann im „National Spinal Injuries Centre“, dem Nationalen Zentrum für Wirbelsäulenverletzungen im Militärhospital Stoke Mandeville die bis heute gültigen Behandlungsmethoden für Querschnittgelähmte und verbesserte deren Rehabilitation auch durch sportliche Förderung. Damit revolutionierte er die Behandlung und die Lebenserwartung der Kranken.
Einige Jahre später fanden am 28. Juli 1948 für sechzehn Kriegsversehrte die ersten „Stoke Mandeville Games“ im speziell adaptierten „Behindertensport“ statt. Am gleichen Tag wurden in London die XIV. Olympischen Sommerspiele eröffnet. Das Datum hatte Professor Guttmann mit Absicht ausgesucht, da er die Spiele für Behinderte bekannt machen wollte. In den darauffolgenden Jahren äußerte Guttmann zum ersten Mal den Gedanken an Olympische Spiele für Behinderte. Zwölf Jahre später wurde die Fiktion Realität. Die 1. Paralympischen Sommerspiele fanden 1960 im Anschluss an Olympia als die „Internationalen Weltspiele der Gelähmte“ in Rom statt.
Die internationalen Behindertenwettkämpfe entwickelten sich seitdem stetig weiter. Aber erst 1988 in Seoul wurden sie gemeinsam mit den Olympischen Sommerspielen durchgeführt. Beide werden von dem gleichen Organisationskomitee geplant und durchgeführt. Mit der Aufnahme von sechs Behinderungsklassifikationen wurden die Spiele erweitert. Die Sportler werden auf Grund der vielen unterschiedlichen Behinderungen in verschiedene Klassifizierungen eingeteilt, um einen fairen Wettkampf zu gewährleisten. So wird zwischen Amputierten, Zerebralparesen, Sehbehinderten, Rollstuhlsport, Kleinwüchsigen und „Les Autres“ („Den Anderen“) unterschieden.
Diese Gliederungen werden untereinander noch einmal unterschieden. Die Athleten mit Handicap treten in 20 Sportarten gegeneinander an, unter anderem in Boccia, Goalball, Judo und Rollstuhlbasketball. Leider ist die öffentliche Wahrnehmung der Paralympischen Spiele im Vergleich zu den Olympischen Spielen nach wie vor sehr gering. Immerhin sind die Medaillenpämien angehoben worden. Für eine gewonnene Goldmedaille erhält der Athlet mit Handicap statt wie bislang 4500 künftig 7500 Euro. Zum Vergleich: Ein Olympiasieger ohne Handicap erhält für eine Goldmedaille eine Prämie von 15 000 Euro. In diesem Jahr werden 4200 Athleten aus mehr als 150 Ländern gegeneinander antreten, um in 14 Wettkampfstätten oder -orten um 503 Medaillensätze zu kämpfen. Nicht zu den Paralympics gehören die Deaflympics für Gehörlose, die Special Olympics für Menschen mit kognitiver Behinderung und das Deutsche Down-Sportlerfestival.
Marcus Urban