Hello Kitty: Das Marketingwunder
Sie ist ein ästhetischer Grenzfall, Albtraum unzähliger Eltern und heißbegehrtes visuelles Liebesobjekt kindlicher Seelen, großer wie kleiner: Hello Kitty. Die kleine Katzendame mit dem bürgerlichen Namen Kitty White, laut Legende geboren in einem Londoner Vorort und ausgestattet mit sehr kindlich konservativen Vorlieben – Sammeln niedlicher Dinge, Apfelkuchen und schulischer Fleiß – ist eine Erfindung der Grafikerin Yuko Shimizu aus dem Jahre 1974. Ihr damaliger Arbeitgeber, das japanische Unternehmen Sanrio, hatte sich auf das Design und den Vertrieb von Geschenkartikeln spezialisiert. Eines Tages galt es, Tierfiguren zu entwickeln, die sich für neue Produktreihen eignen. Frau Shimizu entwarf eine kleine Katze, angeregt von einer Nebenfigur aus Lewis Carrolls „Alice hinter den Spiegeln“. Der durchschlagende Erfolg der japanischen „Kitty“ überraschte Künstlerin wie Unternehmen gleichermaßen. (…weiter…) Angefangen mit einem Portemonnaie für Kinder erstreckt sich die süßlich-rosafarbene Produktpalette heute auf Zehntausende Artikel
und setzt dreistellige Millionenbeiträge pro Jahr um. Und das quasi ohne Werbung und Marketing. Das Bild-Logo ist das Produkt, der damit geschmückte Gegenstand Nebensache. Produziert werden kann eigentlich alles, sofern ein Lizenzvertrag mit Sanrio die Rechte dafür einräumt. Somit bleibt das unternehmerische Risiko gering.
Vor wenigen Tagen, am 22. Juni, erschienen in Japan „Sommergruß-Marken“, geziert, wie sollte es anders sein, von Hello Kitty und ihrem imaginären Schulfreund „Dear Daniel“. Die Sondermarken zu 50 und 80 Yen kommen daher in farbenfrohen Kleinbogen. Für den Philatelisten möglicherweise ein Graus, kann man sich dennoch für die Philatelie kaum eine wirkungsvollere Maßnahme zur Gewinnung junger Nachwuchs-Sammler vorstellen. Kann die Kleine auch noch keine Briefe schreiben, wird sie sich dennoch gern eine der selbstklebenden Katzenmarken auf Federmappe oder Fahrrad-Schutzblech kleben und vielleicht langfristig eine positive Einstellung zum Thema Briefmarke behalten.
Dass Hello Kitty und Briefmarken irgendwie zusammen zu passen scheinen, demonstriert die Tatsache, dass es auch ganz gewöhnliche Aufkleber zu kaufen gibt, die jedoch durch angedeutete Zähnung an Briefmarken erinnern sollen. Warum? Schwer zu sagen, aber es passt offensichtlich. Und wer wie Kitty seine Zeit noch damit verbringt, selber Kekse zu backen, der hat sicherlich auch eine gewisse Afffinität zu handgeschriebenden Tagebüchern und Briefen, sofern das rosafarbene Papier von einem kleinen Katzenkopf geziert wird.
Ganz aktuell ist in Australien nun auch ein Bogen selbstklebender „Anlass-Marken“ mit Hello Kitty-Vignette erschienen. Ideal für den Einlandungsversand zum Kindergeburtstag, kann der Bogen für 10,95 Dollar erstanden werden (Produktnummer: 1514758). In Europa müssen wir vielleicht noch ein bisschen warten, bis sich dieses Phänomen auch bei uns auf die erste Briefmarke erstreckt. Es ist dennoch wohl nur eine Frage der Zeit. Niemand kann Hello Kitty stoppen, nichts den Ruf zerstören, kein Elternteil sich zwischen sein Kind und die Katze stellen…
Vergessen Sie Godzilla, hier kommt Hello Kitty!

Alpenländer 2025 (E 1)
ISBN: 978-3-95402-501-5
Preis: 76,00 €
Versandkostenfreie Lieferung innerhalb Deutschlands.
Jetzt bestellen