Fußball-EM (2): Elf gegen Ronaldo?

Die Fußball-Europameisterschaft hat begonnen – und wie! Schon im Eröffnungsspiel gab es dramatische Szenen: zwei Tore, zwei Platzverweise, ein verschossener Strafstoß. 1:1 endete das nicht unbedingt hochklassige, aber durchweg spannende Auftaktmatch zwischen Polen und Griechenland durch Treffer von Lewandowski und Salpingidis – mehr zum griechischen Torschützen lesen Sie übrigens in Folge 1 unserer Serie. Im Abendspiel konnte dann Russland gegen Tschechien überzeugen und machte sich durch den klaren 4:1-Sieg selbst zum Favoriten der Gruppe A. Doch so interessant der erste Turniertag auch war – heute blickt Europa in die Ukraine, wo unter anderem Deutschland und Portugal aufeinandertreffen.

Über die Favoritenrolle der deutschen Nationalelf bei der diesjährigen EM scheint es kaum Zweifel zu geben. Die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw wird in aller Regel in einem Atemzug mit Spanien und vielleicht noch den Niederlanden und Frankreich genannt, wenn es darum geht, wer am 1. Juli in Kiew das Endspiel bestreiten wird. Die Erwartungen sind also groß – doch das waren sie eigentlich immer vor großen Turnieren, und oft konnte sie das jeweilige deutsche Team ja schließlich auch erfüllen. Dreimal Weltmeister, dreimal Europameister – und auch, wenn Deutschland der Titel nicht vergönnt war, kam die Nationalmannschaft zumindest oft recht weit. Bei WM-Turnieren seit 2002 wurde Deutschland immer mindestens Dritter, bei der EM 2008 musste man sich erst im Endspiel Spanien geschlagen geben. Zwar gab es in der deutschen Turnier-Historie auch Momente, an die sich der deutsche Fußball-Fan weniger gern erinnert. So war etwa bei den Europameisterschaften 1984 in Frankreich, 2000 in Belgien und den Niederlanden sowie 2004 in Portugal jeweils schon nach der Vorrunde Schluss. Damit endete dann auch jeweils die Amtszeit des Bundestrainers: 1984 musste Jupp Derwall seinen Hut nehmen, 2000 Erich Ribbeck und 2004 Rudi Völler. Nach dem Ausscheiden Völlers begann dann auch schon, wenn man so will, die Ära Jogi Löw – zunächst als Co-Trainer von Jürgen Klinsmann. Als Letzterer nach der WM 2006 seinen Hut nahm, rückte Löw ins Rampenlicht – und gab bis heute wenig Anlass zur Kritik. Auch dies macht sicherlich Mut; Beobachter loben die Trainingsarbeit Löws und auch die strategische Ausrichtung der Mannschaft. Man kennt die eigenen Stärken, und dementsprechend selbstbewusst tritt die Elf um Kapitän Philipp Lahm auf. Die Qualität des Kaders scheint tatsächlich so gut wie lange nicht mehr. Spannend dürfte allerdings die Frage werden, wie die Spieler des deutschen Rekordmeisters Bayern München die bittere Niederlage im Champions-Leqgue-Finale gegen den FC Chelsea überwunden haben. Spieler des heutigen Gegners Portugal sind bereits dahingegehend zitiert worden, dass man eine Schwächung der deutschen Mannschaft durch das immer noch vorhandene Trauma des sogenannten Bayern-Blocks – immerhin acht der 23 deutschen Nationalspieler kommen vom FC Bayern – erwarte und darin seine Chance sehe.

Die Statistik spricht indes eine relativ deutliche Sprache. Von bislang 16 Begegnungen gegen Portugal konnte Deutschland die Hälfte gewinnen; nur drei Niederlagen stehen zu Buche. Die letzten Duelle bei großen Turnieren konnte die deutsche Elf jeweils für sich entscheiden (Spiel um Platz drei bei der WM 2006, Viertelfinale bei der EM 2008). Doch das ist Vergangenheit, denn die aktuelle Frage lautet: Mit wem hat es Deutschland heute Abend um 20.45 Uhr in Lemberg zu tun? Mit Cristiano Ronaldo, ganz klar. Der Team-Kollege der deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Sami Khedira (Real Madrid) ist bis heute der teuerste Fußball-Profi aller Zeiten. Unglaubliche 94 Millionen Euro überwiesen die Madrilenen anno 2009, ein Jahr nach Ronaldos Wahl zum Weltfußballer des Jahres, an seinen damaligen Verein Manchester United. Trotz dieser gewaltigen Ablösesumme ist aber natürlich auch ein Cristiano Ronaldo auf seine Mitspieler angewiesen, und da hakt es mitunter bei den Portugiesen. Zwar stehen mit Fabio Coentrao, Pepe (beide ebenfalls Real Madrid), Nani (Manchester United), Raul Meireles (FC Chelsea) oder Bruno Alves (Zenit St. Petersburg) durchaus weitere Hochkaräter im Kader. Doch scheinen die Portugiesen traditionell ein Problem damit zu haben, aus starken Einzelspielern auch tatsächlich eine starke Mannschaft zu formen – mehr als ein zweiter Platz bei der EM im eigenen Land (2004) und ein dritter Platz bei der WM 1966 in England stehen bislang nicht in der Erfolgsbilanz. Es wird für die Portugiesen deshalb auch diesmal wieder sehr viel davon abhängen, ob es ihrem aktuellen Nationaltrainer Paulo Bento gelungen ist, ein Kollektiv zu formen, das nicht nur schön (Hacke, Spitze, eins, zwei drei…), sondern auch erfolgreich spielt. Dies darf zumindest angezweifelt werden, denn der Coach geriet bereits mit einstigen Stars wie Ricardo Carvalho oder Jose Bosingwa (beide nicht mehr dabei) aneinander und machte seit seiner Amtsübernahme im September 2010 zumeist nicht unbedingt den Eindruck, als könne er aus der portugiesischen Elf eine große Mannschaft formen. In die Schlagzeilen geriet Bento im Jahr 2000, als er nach dem EM-Aus als Spieler für ein halbes Jahr gesperrt worden war – wegen „ungebührlichen Verhaltens gegenüber den Schiedsrichtern“.

In der deutschen Bundesliga ist derzeit kein einziger Kaderspieler der portugiesischen Nationalmannschaft tätig. Fans werden sich aber noch an Hugo Almeida erinnern, der einst das Trikot von Werder Bremen trug und heute – genau wie Teamkollege Ricardo Quaresma – bei Besiktas Istanbul kickt.

Kommen wir abschließend noch zur philatelistischen Bewertung der beiden Teams. Was die Anzahl der Hauptnummern im Michel-Katalog angeht, hat Portugal leicht die Nase vorn. Während wir hierzulande momentan auf MiNr. 3000 zusteuern, haben die Portugiesen bereits mehr als 3700 Nummern verzeichnet. Bei Motiven zum Thema „Fußball“ ist das Ganze noch knapper: Für Portugal zeigt der Michel-Online-Katalog 26 Sätze an, für die Bundesrepublik Deutschland exakt einen weniger. Aber: Laut Wertcheck des Briefmarkenversandhauses Sieger gilt Portugal zwar als „attraktives, aber nicht ganz preiswertes Sammelgebiet“, was daran liege, dass das jährliche Ausgabeprogramm recht umfangreich sei und viele Blocks enthalte. Der durchschnittliche Monatsaufwand liege bei etwa 9,90 Euro.  Sieger attestiert aber immerhin, dass Portugal als Sammelgebiet „typisch“ geblieben sei und eine besonders eigenständige Markengrafik sowie „perfekten Druck“ vorweisen kann. Dennoch sehen wir Deutschland knapp vorn, auch weil die Ausgabepolitik bei uns noch als wesentlich stabiler einzustufen ist. Nachdem wir gestern mit dem „philatelistischen 1:1“ zwischen Polen und Griechenland ins Schwarze getroffen haben, darf also auch heute ein Tipp nicht fehlen… 2:1 für Deutschland!


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Authored by: Torsten Berndt

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