Auf der Schwelle des Ruhms
Am 24. Mai 1572 lichteten im Hafen von Portsmouth zwei kleine englische Galeonen die Anker. Die Segelschiffe „Swan“ und „Pasco“ standen unter dem Kommando eines jungen Mannes, der sein halbes Leben auf See verbracht hatte. Mäßig erfolgreiche Fahrten mit Sklavenhändlern und erste Zusammenstöße mit Schiffen der verfeindeten Seefahrernation Spanien prägten seine Erfahrungen. Doch der junge Kapitän hatte große Pläne. Sein Ziel war ein Schlag gegen die spanische Krone, genaugenommen richtete er den Blick auf die reiche Ausbeute an Silber und Gold, die seit der spanischen Eroberung Süd- und Mittelamerikas in die spanischen Schatzkammern floß. Der Name des Abenteurers war Francis Drake.
Als Sir Francis Drake sollte er zu Weltruhm gelangen. Er war der erste Engländer, dem eine komplette Weltumsegelung gelang. Im Gegensatz zu Magellan hatte er sogar das Glück, zu überleben. Zusammen mit John Hawkins, Martin Frobisher und Charles Howard war er federführend beim taktischen Sieg über die als unbesiegbar geltende Spanische Armada 1588 beteiligt. Und bis heute steht er als glänzendes Paradebeispiel für den tollkühnen Freibeuter, der in der Karibik eine Unzahl spanischer Gold- und Silberschiffe aufbrachte und die Vorherrschaft Englands zur See erfocht, was allerdings eher dem Schatz der Legenden zuzuordnen ist.
Doch war es ein langer Weg dahin. Die Ausfahrt heute vor 440 Jahren schien unter keinem guten Stern zu stehen. Der Plan sah vor, die im heutigen Panama gelegene Hafenstadt Nombre de Dios anzulaufen. Dort, so hieß es, sollten die von den Spaniern aus dem Binnenland herbeigeschafften Schätze auf Kriegsschiffe verladen werden. Drake wollte vor den Silberschiffen König Philipps dort eintreffen und die hoffentlich gut gefüllten Lagerhäuser ausräumen. Die Reise verlief zwar ohne Schwierigkeiten, doch ging das Handstreich-Unternehmen in Panama gründlich schief.
Zwar gelang die erste Überrumpelung der spanischen Soldaten, auch befreiten die Engländer eine Handvoll Sklaven, die von da an mutig an ihrer Seite kämpften, doch erlitt Francis Drake selbst eine Verwundung, die ihn außer Gefecht setzte und damit die Führung des Unternehmens gefährdete. Doch es kam noch viel schlimmer: Als es den Engländern schließlich gelang, das Schatzhaus zu erobern, mussten sie mit Entsetzen feststellen, dass es leer war!
Man zog sich zurück und kampierte nahe der Stadt. Doch die Regenzeit setzte ein und Drakes Männer erkrankten an Gelbfieber. Der dennoch unternommene Versuch, eine nach Nombre de Dios ziehende Silberkarawane zu überfallen, scheiterte am ungestümen Vorgehen eines betrunkenen Engländers. Die Maultiere stoben in alle Richtungen davon und im Chaos wurde der größte Teil der beladenen Tiere in die Stadt gerettet…
Doch schließlich kam doch noch die Stunde des hartnäckigen Engländers, als er Informationen über eine Karawane von 190 beladenen Maultieren erhielt.
In Zusammenarbeit mit einem französischen Freibeuter gelang der Coup und Drake und seinen Verbündeten fiel eine ungeheure Menge Edelmetall in die Hände. Reich beladen segelte Francis Drake mit seinen Schiffen auf dem schnellsten Weg in die Heimat, wo sein triumphaler Einzug für großes Aufsehen sorgte. In den folgenden Jahren vermochte er seinen Ruf mit immer wagemutigeren Unternehmungen zu vergrößern, sodass heute jedes Schulkind seinen Namen kennt. Doch am 24. Mai 1572 hätte das noch niemand vorhersehen können.